Wärme- & Energieversorgung

Heizen im Kreislauf: Biomasse-Anlage erzeugt die Prozesswärme für Pelletshersteller Norica8 min read

11. Jänner 2017, Lesedauer: 5 min

Heizen im Kreislauf: Biomasse-Anlage erzeugt die Prozesswärme für Pelletshersteller Norica8 min read

Lesedauer: 5 Minuten

In der Kärntner Gemeinde Hermagor wird geheizt, um Brennmaterial zu erzeugen. Der Pelletshersteller Norica lässt seinen Brennstoff über die mittels Biomasse erzeugte Prozesswärme trocknen.

Das Material liefert das Unternehmen selbst: Verheizt werden hochwertiges Restholz und erstklassige Fichtensägespäne, die in der Sägewerksproduktion anfallen. Nach Fertigstellung des Heizwerks werden jährlich 30.000 Tonnen Pellets per Biomasse getrocknet – und machen so das Heizen mit Pellets gleich doppelt umweltfreundlich.

Industriekunden verschiedenster Branchen setzen im Bereich der Wärmeversorgung verstärkt auf Nachhaltigkeit und Klimaschutz. Biomasse wird dafür in der Erzeugung von Wärme für Produktionsprozesse in der Industrie immer wichtiger. Auch in der Kärntner Gemeinde Hermagor nutzt ein Unternehmen die ökologisch sinnvolle Art zu heizen – und schafft dabei den perfekten Kreislauf des Heizens: Der Pelletshersteller produziert sein Heizmaterial mithilfe von Biomasse – welches er selbst herstellt.

Umweltfreundliche Unternehmensphilosophie
Norica-Pellets ist eine hundertprozentige Tochterfirma des traditionsreichen Holzbetriebes Hasslacher Hermagor GmbH. Beide Betriebe kaufen etwa 280.000 Festmeter (fm) Rundholz ein, wovon 240.000 fm davon im Sägewerk verarbeitet und 40.000 fm über den Rundholzhandel weiterverkauft werden. „Unsere Norica-Pellets sind ein hundertprozentiges biologisches Produkt ohne jegliche chemische Zusätze, mit höchstem Brennwert und Heizkomfort“, berichten die beiden Geschäftsführer Maria und Leopold Schnaubelt. So ist es nur konsequent, auch bei der Herstellung dem ökologischen Gedanken treu zu bleiben. Es heizen nicht nur die Kunden von Norica mit Pellets umweltfreundlich, sondern auch der Produzent selbst. „Ökologie und Energieeffizienz sind zentrale Themen für uns. Aus diesem Grund haben wir in eine moderne Pelletsproduktion investiert. Das hochwertige Restholz und die erstklassigen Fichtensägespäne, die in der Sägewerksproduktion anfallen, werden bei uns optimal weiterverwertet“, erzählen die beiden Geschäftsführer weiter. Es ist daher naheliegend, dass künftig auch Biowärme genutzt wird: „Nach Fertigstellung des Biomasse-Heizwerks, werden wir mit dem umweltfreundlichen Produkt jährlich rund 30.000 Tonnen Pellets trocknen. Das passt perfekt zu unserer Unternehmensphilosophie.“

Hohe Vorlauftemperatur und hoher Betriebsdruck
Der erforderliche Prozessdampf im Pelletswerk wird nun über einen Heißwasser/Sattdampf-Wärmetauscher bereitgestellt und ersetzt die Erzeugung mittels Flüssiggas. Die bestehende Flüssiggas-Sattdampf-Kesselan­lage dient zukünftig nur noch ausschließlich als Ausfallsreserve. Diese Umstellung wurde mithilfe der KELAG Wärme GmbH realisiert – und das innerhalb kürzester Zeit. Im November 2015 startete die Umrüstung, nun befindet sich die Anlage bereits im Testbetrieb. Die Anlage besteht aus einer Bio­masse-Heißwasser-Kesselanlage mit einer Nennleistung von 4 MW samt allen erforderlichen Hilfs- und Nebenanlagen. Das spezielle an dieser Anlage ist die sehr hohe Vorlauftemperatur von 210° C, sowie der hohe mittlere ­Betriebsdruck von 25 bar.

Kesselanlage von Urbas
Urbas Energietechnik wurde als erfahrender Partner von der KELAG Wärme GmbH mit der Realisierung der Biomasse-Energieanlage betraut. Die bestehende Energieanlage wurde erweitert und erhielt eine zusätzliche Kessel­linie. Bedingt durch technologische Erfordernisse wird die Anlage für einen – vom Standard abweichenden – Druck von 25 bar und eine Betriebstemperatur von 210° C ausgeführt. Kesselanlagen für hohen Druck und hohe Temperaturen sind bei dem Energietechnikexperten Standard. „Die neue Bio­masseanlage ist eine Heißwasserkesselanlage, ausgeführt mit einer hydraulischen Brennstoffbeschickung, einer Vorschubrostfeuerung und einem stehenden Heißwasserwärmetauscher. In weiterer Folge wird das Heißwasser über eine neu errichtete Heißwasserleitung zur Pelletsproduktion transportiert. Dort wird über einen Heißwasser-Dampfwärmetauscher der erforderliche Prozess-Dampf für die Pelletierung erzeugt“, erläutert Günther Stückler, Geschäftsführer der KELAG Wärme GmbH, die technischen Details.  

Heizmaterial aus eigener Produktion
Die Pelletier-Anlage befindet sich direkt neben dem Sägewerk. Das Risiko der Verschmutzung bei Lagerung und Transport entfällt daher, außerdem werden nur reine Fichtensägespäne aus eigener Produktion verwendet. Die erforderliche Brennstoffmenge ergibt sich aus der zu erwartenden Heiß­wasser-Wärmemenge, die für die Trocknung der Pellets gebraucht und auf ca. 28.000 MWh pro Jahr geschätzt wird. Geplant ist eine ganzjährige und ausschließliche Wärmeerzeugung mittels Biomasse, was einen Hackgutbedarf von ca. 53.000 Schüttraummeter (srm) pro Jahr ergibt. Diese Menge entspricht etwa 620 Biomasse-Anlieferungen im Jahr, also etwa zwei bis drei Fuhren pro Werktag. Da das Heizgut jedoch rein durch die sonst für den Export vorgesehener Biomasse erbracht wird, kann von einer direkten Verkehrsentlastung für das Stadtgebiet Hermagor gesprochen werden.

Gute Zusammenarbeit mit Förderstellen und BH Hermagor
Derzeit wird gerade die Außenanlage fertig­gestellt, die Bautätigkeiten verliefen jedoch hauptsächlich während der Wintermonate. Ein erschwerender Faktor für die Realisierung des Projekts – trotzdem konnte der eng gesteckte Zeitplan eingehalten werden. Die Witterung ist in der kalten Jahreszeit zwar kaum förderlich für den Fortschritt einer Baustelle, positiv hingegen wirkte sich das Engagement der Förderstellen auf das Vorankommen aus. Die Zusammen­arbeit erfolgte reibungslos, ebenfalls auch die Kooperation mit der Bezirkshauptmannschaft Hermagor für das Erlangen der bau- und gewerberechtlichen ­Genehmigung der Anlage. „Besonders hervorzuheben ist, dass von der BH Hermagor beide zur Genehmigung erforderlichen Verfahren in nur einer gemeinsamen Verhandlung durchgeführt wurden und auch der Genehmigungsbescheid innerhalb kürzester Zeit ausgestellt wurde“, berichtet Günther Stückler. Die gesamte Planung inklusive der Behördenein­reichung erfolgte federführend durch die ­KELAG Wärme GmbH.

Bodenverbesserung war erforderlich
So stellten bürokratische Hürden keine Probleme für das Biomasse-Projekt in Hermagor dar – die größte Herausforderung war die ungünstige Bodenbeschaffenheit des Standorts. Alleine das Gewicht der Biomasse-Heißwasser-Kesselanlage beträgt mehr als 120 Tonnen. Um die hohen Lasten der Anlage und der Heizwerkshalle in den Boden ableiten zu können, war eine Bodenverbesserung in Form von 141 Stück vermörtelter Rüttelstopfverdichtungs-Pfählen erforderlich. Die hohen Gewichte der verschiedenen Anlagenteile erforderten eine spezielle Montage: Mit einem Spezialkran wurde Anfang Februar 2016 die rund 30 Tonnen schwere Feuerbox in das neue Biomasse-Heizwerk in Hermagor eingehoben.

Geringe Feinstoffemission
Der Weg der Biomasse zur Wärmeenergie soll so umweltverträglich wie nur möglich ablaufen. Die Rauchgasreinigung inklusive Elekrofilter sorgt für eine weitestgehend feinstoff­emissionsarme Verbrennung. Nachdem die Biomasse auf einen befahrbaren Schubboden, der so massiv ausgeführt ist, dass auch große Holzstücke keinen Schaden verursachen können, aufgegeben wird, führt man sie der Verbrennung zu. Anschließend gelangen die     Abgase über einen rauchgasreinigenden Multi­zyklon in den Elektrofilter, wo die noch enthaltenen Feststoffe bis unter den vorgeschriebenen Grenzwert abgeschieden werden. Über einen 32 m hohen freistehenden Kamin wird das dann gereinigte Abgas ausgestoßen. Anfallende Asche wird über ein staubdicht gekapseltes automatisches Entaschungssystem gesammelt. Einen probaten Partner zum Thema Rauchgarreinigung fand man in Ionitec Anlagenbau. Eine der Besonderheiten der Trocken-Elektrofilter des Unternehmens ist die im Rauchgaseintrittsbereich integrierte Grobabscheiderkammer, welche mit Hilfe der Rauchgasverteilerkammer das Rauchgas über die gesamte Filterbreite gleichmäßig anströmt. In dieser Grobabscheiderkammer wird, wie der Name bereits andeutet, die grobe Flugasche abgeschieden und die feine Flugasche über Ausrichtungsbleche ins Hochspannungsfeld geleitet.

Verfahrenstechnisch optimiert
Nicht nur die Feinstoffemissionen sollten so gering wie möglich gehalten werden, sondern auch der Energieverbrauch. So haben die ­KELAG Wärme GmbH und ihre projektbeteiligten Partner mehrere technische Lösungen entwickelt. Für die optimale Energieeffizienz das ganze Jahr über sorgen Fernwärmenetzpumpen unterschiedlicher Leistung für den Sommer- sowie den Winterbetrieb. Ein großes Energiesparpotenzial wurde mit der Ausstattung aller elektrischen Antriebe mit einem Frequenzumrichter ausgeschöpft. Die Anlage wurde ebenso verfahrenstechnisch spezifiziert und optimiert, sie besitzt eine Verbrennungsluft-Vorwärmung und einen Economizer (ECO) in Edelstahlausführung – ein Wärmeüberträger zur Wärmerückgewinnung durch Verwertung von Abwärme. Die Besonderheit in diesem Fall ist die Anordnung nach dem Elektrofilter, mit dem Vorteil auch im Teillastfall geringste Abgastemperaturen erzielen zu können und somit den Anlagenwirkungsgrad ständig optimal nutzen zu können. Das Rauchgas durchströmt den Economiser bei relativ niedrigen Temperaturen. Der Economiser nutzt die Restwärme in den Abgasen, die vom Kessel aus physikalischen Gründen nicht mehr genutzt werden kann. Auch bei den Details wurde an ihr jeweiliges Energiesparpotenzial gedacht. So wurde die gesamte Heizwerksbeleuchtung mit LED-Lampen ausgeführt.

Wärmeenergie fürn Norica-Pellets und das Fernwärmenetz von Hermagor
Im Frühling diesen Jahres konnte der Betrieb der Biomasseanlage testweise gestartet werden. Neben der Prozesswärmeversorgung der Pelletierung von Norica-Pellets werden noch die am Betriebsgelände der Fa. Hasslacher befindlichen Schnittholz-Trockenkammern sowie das bestehende KELAG Wärme GmbH Fernwärmenetz in Hermagor durch das neu errichtete Biomasseheizwerk über einen sehr komplexen Heißwasserkreislauf mit Wärme versorgt.

CO2-neutraler Rohstoff Holz
Bei einer nachhaltigen Wirtschaftsweise ist der Rohstoff Holz kontinuierlich verfügbar und hat, im Vergleich zu fossilen Alternativen, insbesondere im Rahmen einer regionalen Bereitstellung und der Integration von Restholz­nutzungskonzepten eine sehr gute Klimabilanz. Das Heizen mit Holz in seinen verschiedenen Formen ist CO2-neutral – egal ob Hackschnitzel, Sägespäne oder die benutzerfreundlichen Pellets. Das heißt, dass bei der Verbrennung genauso viel Kohlstoffdioxid freigesetzt wird, wie der Baum beim Wachsen speichert. Und da für die Herstellung der Pellets, die insbesondere Privatkunden zum Heizen verwenden, ebenfalls Holz für die Prozesswärme genutzt wird, ergibt sich eine noch bessere Energiebilanz. Der Heizzyklus wird somit vervollkommnet. Durch den Verzicht auf Flüssiggas und die Umstellung auf Biomasse bei der Prozess­wärmeerzeugung kann bei der Anlage in    Hermagor ­je nach Bewertungsbasis von einer Einsparung von 6.200 bis 7.600 Tonnen Kohlen­stoffdioxid  ausgegangen werden.



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