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Erneuerte Pumpwerke für einen Hochwasserschutz im Einklang mit dem sensiblen Ökosystem des Rheindeltas5 min read

13. Feber 2023, Lesedauer: 4 min

Erneuerte Pumpwerke für einen Hochwasserschutz im Einklang mit dem sensiblen Ökosystem des Rheindeltas5 min read

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In einem weitläufigen Delta mündet der Rhein in den Bodensee: 2.000 ha groß ist dieses bedeutende Naturschutzgebiet mit Auwäldern, Feucht- und Streuwiesen, Schilfflächen und weitläufigen Sandstränden. Drei Pumpwerke sorgen in einer Dammanlage für die Einhaltung des Umweltschutzes, gleichzeitig wird die Gefahr von Überschwemmungen für die umliegenden Siedlungen gebannt. Die Anlage aus den 60er-Jahren hatte ausgedient, um den neuesten Stand der Technik zu erreichen, wurde eine Rundumerneuerung gestartet. Für die elektro- und steuerungstechnischen Komponenten vertraute man auf die Expertise des niederösterreichischen Unternehmens Schubert Cleantech.

Hochwasserschutz Rheindelta Messstation
Mithilfe von Messstationen werden verschiedene Parameter zur Überwachung des Ökosystems Rheindelta gesammelt und an das Land Vorarlberg weitergeleitet.

Das Naturschutzgebiet Rheindelta in Vorarlberg ist mit rund 2.000 ha Fläche das größte Feuchtgebiet am Bodensee, wovon zwei Drittel Wasser- und nur ein Drittel Landfläche sind. Aufgrund seiner besonderen Pflanzen- und Tierwelt wurde das Rheindelta 1976 per Verordnung unter Schutz gestellt, 1982 verpflichtete sich die Republik Österreich mit dem Ramsar-Abkommen den Schutz von „Feuchtgebieten mit internationaler Bedeutung“ zu fördern. Seit 1995 ist das Rheindelta zudem ein ausgewiesenes Natura-2000 Gebiet. Aber nicht nur die Tier- und Pflanzenwelt hat hier einen hohen Stellenwert, sondern auch Landwirtschaft, Tourismus und Fischerei haben im Gebiet ihre ­B­erechtigung. Mit der Errichtung des Polderdammes (1956–1963), der Absenkung des Wasserspiegels durch die Pumpwerke, und der Rodung der Au- und Bruchwälder konnten seenahe Flächen intensiver landwirtschaftlich genutzt werden. Umwelt- und Hochwasserschutz sichern Betreiber des Polderdamms und der Schöpfwerke Fußach, Höchst und Gaißau ist der Wasserverband Rheindelta. Jedes der Schöpfwerke besitzt die Möglichkeit einer Freispiegelausleitung bei niedrigen Wasserständen in den Bodensee, wodurch im Hochwasserfall die Siedlungsgebiete vor Überflutungen geschützt sind. Gleichzeitig ist aus Sicht des Naturschutzes speziell für das Naturschutzgebiet Rheindelta ein möglichst hoher Grundwasserstand erforderlich: In diesem Gebiet sind für einen intakten Bodenwasserhaushalt und einen guten Bodenaufbau wiederkehrende Überflutungen mit Bodenseewasser wünschenswert. Im Gegensatz dazu muss für den Hochwasserschutz der Wasserspiegel zeitweise möglichst weit abgesenkt werden. Beiden Interessen ist entsprechend Rechnung zu tragen, der Pumpwerksbetrieb muss beide Anforderungen erfüllen.

Dammanlage aus den 60er-Jahren
Nach rund 60 Jahren Betrieb zeigte sich ein zwingender Handlungsbedarf bei den Steuerungen, bei den Bauwerken, bei der Stromversorgung und bei der Pumpenausrüstung aller Pumpwerke. Nicht ganz überraschend allerdings, denn die letzten großen Überarbeitungen der Pumpwerksausrüstung erfolgten im Jahr 1960. Der Wasserverband Rheindelta und das für die Modernisierung beauftragte Planungsbüro Rudhardt | Gasser | Pfefferkorn Ziviltechniker setzte bei der elektrotechnischen Ausrüstung auf die Kompetenz des niederösterreichischen Unternehmens Schubert Cleantech, das die elektrische Anlage komplett neu realisierte mit einem übergeordneten Leitsystem und einer Leitzentrale im Pumpwerk Fußach.

 

Provisorium im Einsatz beim Umbau
2017 starteten die Umbauarbeiten beim Schöpfwerk Gaißau, ein Jahr später folgte Höchst, der Abschluss wurde 2019 in Fußach mit der Zentrale der Dammanlage gemacht. „Wir konnten jeweils nur im Winter arbeiten, wenn sich der Wasserstand des Bodensees jahreszeitlich auf seinem niedrigsten Niveau befindet“, informiert Projekttechniker Ing. ­Manuel Binderlehner von Schubert Cleantech über die natürlichen Pegelschwankungen des Gewässers. „Wobei wir bei der ersten Umbaumaßnahme in Gaißau das Pech hatten, dass genau zu diesem Zeitpunkt ein Jahrhundert­hoch des Pegelstands für den Winter erreicht war.“ Hier machte sich genaue Planung und ein Provisorium bezahlt: Dieses bestand aus einem eigenem Verteiler mit Niveaumessung und Alarmierung. Zusammen mit den provisorische Pumpen war es der Ersatz für die Dauer der jeweiligen Bautätigkeit in Gaißau, Höchst und Fußach, der aufgebaut wurde, bevor die Bestandsanlage demontiert wurde. Heute dient das Provisorium – bestehend aus drei neuwertigen Schaltschrankfeldern – fix in einem Container installiert als Ausfallsicherheit bei einem Störfall in der Dammanlage. Wobei im Ernstfall zuerst dank der hydraulischen Verbindung der drei Schöpfwerke miteinander, die Störung einer einzelnen Station durch die beiden anderen ausgeglichen werden kann.

Umfangreiche Verbesserungen im Betrieb

Hochwasserschutz Rheindelta Polderdamm
Mit der Errichtung des Polderdamms Ende der 50er-Jahre und der Absenkung des Wasserspiegels durch die Pumpwerke konnten seenahe Flächen intensiver landwirtschaftlich genutzt werden.

Durch die Runderneuerung der Pumpwerke im Rheindelta kam es zu umfangreichen Optimierungen. Zuvor fehlte es in der Anlage aus den 1960er-Jahren selbst an einer Alarmierung, heute kann der Betreiber an jeder Station über das Leitsystem Betriebs- und Störmeldungen auslesen. Die Steuerung und Regelung der Anlagen erfolgt über speicherprogrammierbare Steuerungen mit in der Schaltschranktür eingebauten Bedien- und Anzeigegeräten. Über diese Bedien- und Anzeigegeräte werden sämtliche Parametereinstellungen vorgenommen sowie die gesamten Anlagenzustände visualisiert. Bei jedem Schöpfwerk wird das binnenseitige Niveau gemessen, welches als Regelparameter dient. Beim Pumpwerk Fußach erfolgt zusätzlich eine Erfassung des Bodenseeniveaus.

Überwachung des sensiblen Ökosystems
„Da es sich beim Rheindelta um ein Naturschutzgebiet mit einem hohen öko­logischen Wert handelt, darf nicht zu viel Wasser ­abgepumpt werden, damit es beim Grundwasserniveau nicht zu großen Schwankungen kommt“, erklärt Schubert-Projekttechniker Manuel Binderlehner. „Als Zusatzauftrag entstanden bei jeder Station zwei Grundwassermessstellen: Dort werden unter anderem Wasserniveau, -temperatur und Leitfähigkeit überwacht – und ob es durch den Einsatz der Pumpwerke zu Veränderungen oder Verschlechterungen im Ökosystem kommt. Vom Land Vorarlberg gibt es genaue Vorgaben, bei welchen Niveauparametern die Pumpen laufen dürfen. Mit den Messstellen wird das überwacht und an das Land übertragen und kontrolliert.“ So kann mithilfe der runderneuerten Schöpfwerke das wertvolle Naturjuwel Rheindelta noch effektiver geschützt und für Generationen bewahrt und gleichzeitig die Siedlungsgebiete in dem Hochwasserrisikogebiet vor verheerenden Überschwemmungen geschützt werden.

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