Trinkwassertechnik

Gussrohre befördern sauberes Trinkwasser über 500 Höhenmeter in die mongolische Stadt Altai4 min read

7. September 2020, Lesedauer: 3 min

Gussrohre befördern sauberes Trinkwasser über 500 Höhenmeter in die mongolische Stadt Altai4 min read

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Extreme Temperaturen, herausfordernde Steigungen und eine Transportlogistik, die aufgrund der Abgeschiedenheit der Bau­stelle ihre Tücken hat.

Das alles erwartet den Gussrohrhersteller Tiroler Rohre (TRM) in der Mongolei, wo das Unternehmen ­die Trinkwasserversorgung der 30.000-Einwohner-Stadt Altai durch eine 55 km lange Trinkwasserleitung herstellt, die 500 ­Höhenmeter überwinden muss. Die Bedingungen stellen nicht nur hohe Anforderungen an das projektleitende Team, sondern besonders auch an die Logistik, die Verlegung und das Rohrmaterial selbst. Schließlich müssen die Gussrohre stellenweise Drücke von 50 bar und seismischen Aktivitäten trotzen.

Territorial knapp viereinhalbmal so groß wie Deutschland, ist die Mongolei mit rund drei Millionen Einwohnern der am dünnsten besiedelte Staat der Welt. Knapp die Hälfte der Bevölkerung konzentriert sich auf die Hauptstatt Ulaanbaatar, der Rest des Landes ist geprägt von der Weite der Landschaft. Deren Kargheit wird in ihrem Extrem noch von den Witterungsverhältnissen überboten:  Die Lage im zentralasiatischen Hochland beschert dem Land im Winter Tagestemperaturen von -40 Grad, im Sommer +30 Grad – womit die Schwankungen zwei- bis dreimal größer sind als in Westeuropa. Die Schmäle des Zeitfensters für infrastrukturelle Bauprojekte lässt sich somit gut erahnen. Doch mit ausgefeilter Planung lässt sich auch diese Herausforderung meistern, wie das jüngste internationale Projekt des Traditionsunternehmens Tiroler Rohre GmbH mit Sitz in Hall in Tirol beweist. Der Gussrohrhersteller errichtet derzeit eine rund 55 Kilometer lange Trinkwasserleitung von einem Speichersee zur Versorgung der Provinzhauptstadt ­Altai. „Wir liefern und verlegen die Rohre inklusive Wasseraufbereitung und Pumpstationen“, erläutert Andreas Weiler, Vertriebsleiter International der TRM und Projektverantwortlicher.    

Transport stellt größte Herausforderung dar
In vielen Ländern Zentralasiens ist Wasser ein rares Gut. Auch die Mongolei steht bei der Sicherung ihrer Frischwasserressourcen vor enormen Herausforderungen. Für die Trinkwasserversorgung der 30.000 Einwohner zählenden Stadt Altai suchte man sich deswegen erfahrene Spezialisten für geologisch anspruchsvolle Baustellen und das dazugehörige äußerst strapazierfähige Material. Fündig geworden ist man bei den Experten von TRM, die im Spätsommer letzten Jahres mit der Projektplanung begonnen haben. Als Generalunternehmer ist es für die Lieferung sämtlicher Materialien, wie zum Beispiel duktile Gussrohre in der Nennweite DN250, sowie für die Planung die Bauarbeiten und die Bauüberwachung gesamtverantwortlich. Für die Planungsarbeiten, die Bauüberwachung und Projektbegleitung konnte mit der Firma ÖSTAP Engineering & Consulting aus Wien ein erfahrener Partner gewonnen werden. Die wohl größte Hürde bei der Umsetzung der Trinkwasserleitung ist die Logistik: Der Transport vom Werk in Tirol bis zur Baustelle, mit zum Teil unbefestigten Straßen, stellt einen erheblichen Aufwand in der Abwicklung für den Transporteur dar. Hier konnte die hinzugezogene Spedition Strieder mit ihrer langjährigen Erfahrung beim Transport von duktilen Gussrohren die beste Lösung bieten: Per Bahn geht es für die Rohre in die mongolische Hauptstadt Ulaanbaatar, danach per Lkw über teils unbefestigte Straßen weiter bis zur Baustelle. Teilstrecken des Transportes, insgesamt knapp 1.000 km, begleitete Andreas Weiler. „Außer der Reise mit der Transsibirischen Eisenbahn habe ich nichts ausgelassen“, erzählt der Projektleiter lachend.

Gussrohre müssen Erdbeben standhalten
Das Wasser für die Trinkwasserversorgung wird aus dem Stausee nahe des Ortes Taishir entnommen, aufbereitet und über 500 Höhenmeter zur 2.200 Meter hoch gelegenen Stadt Altai gepumpt. Die Anforderungen an das Material sind dabei enorm. Auf Grund des großen Höhenunterschiedes steigt der Druck in der Leitung stellenweise auf über 50 bar. „Dieser hohe Druck kann mit den Gussrohren sehr gut abgefedert werden, bei anderem Material müsste man Druckreduzierungsstufen einbauen“, erklärt Andreas Weiler. Dass diese Herausforderung nicht jedes Material überwindet, wurde in einer Vorstudie bestätigt – Gussrohr hat sich als die beste Lösung erwiesen. Die Mongolei liegt in einem seismisch sehr aktiven Gebiet, Erdbeben sind häufig. Äußerst wichtig ist daher, dass die Verbindungen der Gussrohre Erschütterungen und Bewegungen aufnehmen können.    

Enges Zeitfenster für Bauarbeiten    
Man kann sich vorstellen, dass die Höhen­distanz eine große Herausforderung darstellt, doch auch das extreme Klima tut sein Übriges. Konnten im Herbst 2018 noch einige Vorarbeiten erledigt werden, hieß es sehr bald: warten. Denn der Winter in der Mongolei dauert. Bis auf Juli kann man zumindest nachts das ganze Jahr über mit Bodenfrost rechnen, das zeitliche Korsett für den Bau ist dementsprechend eng geschnürt und lässt nur Handlungsspielraum von Mai bis Oktober. Die bis zu -40 Grad, die den Boden bis in 3,5 m Tiefe gefrieren lassen, machen es notwendig, die Rohre 4 m tief zu verlegen. Auch die Gefriertiefe des Speichersees ist extremer als man es aus Mitteleuropa gewöhnt ist: Die Wasserentnahme erfolgt in 14 Metern Tiefe. Die Witterung hält nicht nur extreme Temperaturen bereit, auch Sandstürme erschweren die Bauarbeiten. „Gerade bei der Rohrmontage ist es wichtig, dass alles so sauber wie möglich ist, damit die Dichtung in der richtigen Position sitzt. Wenn die Muffen total verstaubt und voller Sand sind, müssen diese gereinigt werden“, erzählt der Projektleiter vom zusätzlichen Aufwand, der durch die mongolischen Wetterphänomene entsteht.   
Die Bauarbeiten waren mit Mitte diesen Jahres abgeschlossen , wodurch eine Versorgung mit reinem Trinkwasser für rund 30.000 Menschen sichergestellt ist. Zuvor ist die Bevölkerung mit Wasser unbekannter Qualität aus Tiefbrunnen versorgt worden. Das gesamte Projekt, mit einem Auftragsvolumen von 14 Mio. Euro, wurde durch einen österreichischen Entwicklungshilfekredit finanziert.

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