Wärme- & Energieversorgung

Kärntens Sonne wärmt das ganze Jahr: Fernwärme in Ebenthal nutzt Solar- und Biomasse-Energie9 min read

22. August 2016, Lesedauer: 6 min

Kärntens Sonne wärmt das ganze Jahr: Fernwärme in Ebenthal nutzt Solar- und Biomasse-Energie9 min read

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Hoher Wirkungsgrad, niedrige Emissionswerte: Die Regionalwärme Gruppe in Kärnten, weiß geschickt mit den nachhaltigen Ressourcen des südlichsten Bundeslands Österreichs umzugehen.

So ist das neueste Heizwerk der Gruppe nicht nur effizient, sondern ist auch der Schlüssel zur Lösung der Feinstaubproblematik in der Gemeinde.

Innovationshunger ist die Triebfeder der ­Regionalwärme Gruppe, einem Zusammenschluss aus Planern und Betreibern von Biomasseheizwerken in Kärnten, die seit ihrer Gründung 2007 fast zwanzig Anlagen ans Netz schließen konnte. Ihre größte Motivation ist dabei, den Wirkungsgrad von Biomasseheizwerken bis zum Äußersten zu steigern. Während der letzten neun Jahre sammelte die Regionalwärme Gruppe emsig ihre Erfahrungen und probierte auch selbstangezweifelte Methoden aus. So war Solarkraft eine bis vor kurzem undenkbare, da als wirtschaftlich ­untragbar gehaltene, Kombinationsmöglichkeit mit der bewährten Wärmegewinnung mittels Biomasse. „Wir waren immer der ­Meinung, Solarthermie und Heizhaus, das passt nicht zusammen – insbesondere kostenmäßig. Wir haben einen fixen Preis, ab wieviel wir ans Netz abgeben müssen und die Solar­thermie hätte diesen Preis zumindest aufgrund der Investitionskosten kurzfristig erhöht“, erzählt Christoph Aste, einer der Planer und Betreiber der Regionalwärme Gruppe, von den anfänglichen Zweifeln. Doch der Versuch ­widerlegte die Vermutung. Dank einer Förderung für Großsolarthermieanlagen des Klima­energiefonds konnte das Heizhaus in der Solar-­Biomasse-Kombination umgesetzt werden. Der Betrieb des im letzten Jahr eröffneten Heizwerks in Krumpendorf am Wörthersee konnte beste Wirkungsgrade erzielen. Das ­stachelte die Planer der Regionalwärme Gruppe an, diese Meisterleistung an Effizienz zu überbieten – und das haben sie kurze Zeit ­später mit dem im Oktober 2015 eröffneten Heizwerk in Ebenthal geschafft und so auf ein weiteres die Wirtschaftlichkeit der Kombination von Biomasse und Solar­thermie unterstrichen. Und da das südlichste Bundesland ­Österreichs nicht nur reich an Waldbeständen, sondern auch an Sonnenstunden ist – immerhin zeigt sich die Sonne ganze 2.000 Stunden pro Jahr von Wolken unverhüllt – ist es nur logisch, Biomasse in Verbindung mit Solarkraft zur Fernwärme­erzeugung zu nutzen. Bei voller Sonnen­einstrahlung hat die 450 qm große Solar­fläche am Dach des Heizwerks in Ebenthal 300 kW Leistung, auf das Jahr gemessen werden so acht Prozent der Wärme­gewinnung über die Solarthermie erzeugt.

Vom Reißbrett in die Realität
Johann Hafner, Geschäftsführer der Regional­wärme Gruppe und Initiator ihres ersten Heizwerks in Köttmannsdorf im Jahr 2007, zeichnet sich für die Umsetzung der Biomasse-­Solarthermie-Anlage in Ebenthal verantwortlich. 2014 wurde sie in die Realität umgesetzt, die Planung begann bereits 2010. „Der Bau selbst ist eigentlich der kleinste Teil bei der Realisierung einer Biomasseanlage. Im Vorfeld werden erst die gesamten Wärmelieferverträge mit den Kunden geschlossen und darauf folgen die Phase der Bauauftragsver­gaben und die Planung“, erklärt Johann Hafner die umfangreiche Vorarbeit bis zum Start des Baus. Und ein weiterer wesentlicher Schritt vom Bauplan zur Baustelle folgte: die Ortung eines geeigneten Standorts. Im Fall von Ebenthal gestaltete sich die Suche relativ einfach. Ein im Besitz des Forstunternehmens Goess KG befindliches Grundstück konnte erworben werden, das sich für diesen Zweck ideal eignet: Es befindet sich nicht zu weit von den Abnehmern entfernt, damit keine unnötigen Leitungen gebaut werden mussten, um diese zu erreichen und ist gleichzeitig doch abgeschirmt vom Wohngebiet.

Ideale Symbiose
Als „ideale Symbiose“ bezeichnet Johann Hafner die Partnerschaft mit der Goess KG durch den großen forstlichen Besitz. Die Goess KG bewirtschaftet etwa 800 Hektar Wald, somit ist die Grundversorgung mit Waldhackgut ­sichergestellt. „Das nötige Holz, etwa 80 LKW im Jahr, liefern kleine und mittlere Forstbetriebe und zwar schon fertig gehackt. So können wir Lärmbelästigung ausschließen und auch sichtbar ist das Werk kaum. Dafür sorgt die Bepflanzung“, erklärt Leopold Goess und hält fest: „Wir schaffen so auch Wertschöpfung in der Region.“ Und auch der Betreiber des Heizwerks Ebenthal ist sich sicher: „Umweltpolitisch ist Biomasse unschlagbar: Es entstehen regionalen Kreisläufe durch den Einkauf der Biomasse aus der Umgebung, wo sich Betriebe im Bereich der Produktion und der Logistik der Biomasse entwickelt haben.“ Das Holz für das Biomasseheizwerk stammt aus einem Umkreis von rund 40 Kilometern. Das Heizen mit Biomasse hat einen direkten positiven Effekt auf die Wirtschaft einer Region – das konnte unter anderem mit einer Studie des Österreichischen Biomasse Verbands zur Modellregion im steirischen Hartberg belegt werden: 31 regionale Vollzeitarbeitsstellen werden durch das biogene System gesichert, nur 4,2 durch das fossile. „Der nachwachsende Rohrstoff Holz ist verfügbar. Der Teil, der in die thermische Verwertung geht, ist marginal“, so Johann Hafner. Und auch dieser wird nicht „verschwendet“. Ganze 30 Prozent Rohstoffaufwand spart die Anlage dank der energieeffizienten Kombination von Biomasse und Solarkraft ein – was gleichzeitig 30 Prozent weniger Kosten und 30 Prozent weniger Emissionen bedeutet, da weniger Transportwege anfallen. Die Umweltbelastung wird also so gering wie möglich gehalten.

Gelungenes Zusammenspiel der komponenten dank intellegenter Regeltechnik
Der hohe Wirkungsgrad der Anlage kann durch das durchdachte System der Kessel­anlage, der Solarthermie und der Wärmerück­gewinnung dank der Kondensationsanlage und der Wärmepumpentechnologie erreicht werden. Das Ziel ist dabei die Heizhausenergieeffizienz mit solarer Wärmeeinspeisung sowie einer Rauchgaskondensation zu steigern. Ein ausgefeiltes System, das durch das komplexe Zusammenspiel der einzelnen Komponenten vor allem steuerungstechnische Raffinesse verlangte. Eine speziell entwickelte Regeltechnik von Howal, das das Zusammenwirken der verschiedenen Energielieferanten abstimmt, berücksichtigt auch die aktuellen Wettervorhersagen. „Wann werden Solar­erträge generierbar und wann ist kein Solar­ertrag zu erwarten? Mit der Wetterprognose wird bestimmt, wie die Verladung ausgerichtet wird. Lade ich den Puffer 20, 30, 80 oder gar 100 Prozent im Vorfeld“, berichtet Johann Hafner. „Denn somit können Spitzen vor Kälte­einbrüchen mit dem Puffer gut ausgeglichen werden.“ Der Pufferspeicher wurde groß-­volumig gestaltet, er fasst 80.000 Liter und dient zur Abfederung der Morgenspitze und zum Gleichlauf der Feuerungsanlage, damit Spitzen nicht permanent austariert werden müssen. Der Puffer als Kernstück der Energielagerung speichert die Wärme jeglicher Energieformen, ob Wärmepumpe, Kondensationsanlage, Solar­­thermie oder Biomassefeuerungsanlage.

Wärmeverluste eingedämmt
Das ineinander verzahnte Zusammenspiel der Biomasseanlage von Kohlbach betrachtet vor allem die Faktoren des Wärmeverlustes. So schafft es beispielsweise die Rauchgaskondensation von Scheuch, die ansonsten ungenutzt über den ­Kamin verpuffenden 140 Grad auf 48° C zu senken. Außerdem konnte der Wirkungsgrad durch die extrem niedrigen Rücklauftemperaturen gesteigert werden: „Normalerweise geht man von Rücklauftemperaturen von 50 bis 55 Grad bei Fernwärmenetzen aus, doch unsere besten Netze haben 37 Grad Rücklauftemperatur“, berichtet der Betreiber der Anlage in Ebenthal. Durch den Vorteil, dass die Solar­thermie in Verbindung mit der Wärmepumpe arbeitet, können viel tiefere Rücklauftemperaturen erreicht und dement­sprechend die Effizienz der Solarthermie gehoben werden.

Optimierter Betrieb zu jeder Jahreszeit
Eine weitere energieeffiziente Lösung ist der Einsatz verschiedener Pumpen je nach Bedarf – so gibt es in der Anlage je eine Sommer- und Winterpumpe sowie für die Übergangszeit. Eine spezielle Lösung ist der Sommerbetrieb: Dann wird das Fernwärmevorlaufnetz von 95 Grad, auf das es im Winter geheizt wird, auf 75 Grad herabgefahren. Somit werden Wärme­verluste im Netz eingedämmt. „Dazu war es aber wichtig, dass diese Kunden so ausgelegt sind, dass sie mit den 75 Grad auskommen für die Warmwasserbereitung. Es dürfen keine ­Legionellen entstehen“, erklärt Johann Hafner. Da viele Wärmeabnehmer Industriekunden sind und unter anderem die Energie für Prozesswärme benötigen, ist eine durchgehend stabile Wärmeversorgung über das Jahr hinweg zu gewährleisten – auch im Sommer bei niedrigtemperiertem Fernwärmevorlaufnetz.

Um den Wärmeverlust im Netz niedrig zu halten, arbeitet die Regionalwärme Gruppe mit verschiedenen Dämmserien für die Fernwärme­rohre. Dank Doppelrohrsysteme kann eine 20 Prozent bessere Dämmeigenschaft erreicht werden. „Diese Investitionen lassen sich auf 20 bis 30 Jahre sehr gut darstellen – auch wenn sie natürlich höher bei der Anschaffung sind“, ist sich Johann Hafner sicher. „Doch wir verkaufen lieber die Wärme, als dass wir den Erd­boden beheizen.“ Für geringe Wärmeverluste im derzeit 7,5 km langen Fernwärmenetz – in einer weiteren Ausbaustufe sind insgesamt 14 km geplant – sorgt außerdem ein dichtes ­Abnehmernetz. Durch die hohe Netzbelegung werden die Netzverluste prozentuell zur verkauften Wärmemenge reduzieren. Für das ­Projekt wurde vom Land und Gemeindereferat eine 60-prozentige Anschlussförderung aufgrund der Feinstaubent­lastung zugesagt. ­Johann Hafner: „ Die Energieberater von energie:bewusst Kärnten boten im Vorfeld Privat­haus­halten im Versorgungsgebiet eine kostenlose Beratung an.“ Heute sind 180 Objekte an das Fern­wärmenetz angeschlossen und es werden 980 Kunden mit der nachhaltigen Wärme aus Biomasse und Solarkraft versorgt – das sind 9.000 MWh verkaufte Wärme beim Endkunden.

Emissionswerte in Ebenthal in Rekordtief
1 Millionen Liter Heizöl werden dank der Biomasseanlage von Kohlbach substituiert, was einer CO2-Einsparung von 260.000 t entspricht. Diese hohen Werte ergeben sich daraus, dass Ebenthal zuvor nicht an Erdgas angeschlossen war, sondern die Haushalte in der Gemeinde hauptsächlich mit alten Ölheizungen heizten. Ein wichtiges Thema für die Gemeinde Ebenthal, die sich östlich des Einzugsgebiets Klagenfurts befindet, war bei der Realisierung des Biomasseheizwerks also, die Emissionswerte zu senken. Die Feinstaubbelastungsgrenze wurde ­permanent überschritten – Grund dafür war die mit Hausbrand zuvor bevorzugt gewählte Variante des Heizens in Ebenthal. Fernwärme war der Schlüssel zur Lösung des Problems der Feinstaubthematik – denn 180 Einzelfeuerungsanlagen konnten durch Fernwärme ersetzt werden. „Seit der Biomasseanlage in Betrieb ist, ist keine Feinstaubüberschreitung gemessen worden“, freut sich der Betreiber über den Erfolg. Bei der Filtertechnologie setzt das Heizwerk Ebenthal mit einem Elektro­filter plus einer Kondensationsanlage mehr ein, als von den Behörden gefordert – dementsprechend vorbildlich fallen die Feinstaub-Werte aus. Das Projekt passt dadurch hervorragend zu Ebenthals Bestrebungen, am e5-Programm für energiebewusste Gemeinden teilzunehmen.

Doch nicht nur alte Ölheizungen wurden durch die Fernwärme ersetzt – einige Wärmeabnehmer setzten bereits auf nachhaltige Energieformen wie beispielsweise Pelletsanlagen. Hier führte zur Kundengewinnung weniger der energiepolitische Gedanke, sondern der Komfort, der mit der Umstellung auf Fernwärme einhergeht. Der Wartungsaufwand und die damit verbundenen Kosten und Zeit, die investiert werden müssen, sowie verbrauchte Lagerkapazitäten, fallen mit dem Umstieg auf Fernwärme weg. „Auch wenn der laufende Betrieb etwas teurer ist als bei anderen nachhaltigen Systemen: Bei der Vollkostenrechnung gewinnt die Fernwärme, denn es entfallen die hohen Investitionskosten“, rechnet der Betreiber des Heizwerks Ebenthal vor.

Weitere Pläne bis 2018
Und das im Oktober letzten Jahres in Betrieb genommen Heizwerk will noch weitere Haushalte und Industriekunden mit Wärme versorgen. Bis 2018 stehen die Pläne für die zweite Ausbaustufe. Geplant sind die Verdoppelung der Netzlänge – kleine Stadtteile im Osten ­Klagenfurts sollen eingebunden werden – und der Leistung. Eine zweite Kesselanlage mit 4 MW gesellt sich zu dem 3,6 MW starken Kessel von Kohlbach. Dass im Heizwerk Ebenthal noch expandiert wird, merkt man bereits beim Betreten des Heizwerks, das großzügig angelegt wurde. „Das Ausbaugebiet ist relativ groß, da wir im stadtnahen Bereich tätig sind, wo noch keine Fernwärmeerschließung stattgefunden hat“, merkt Johann Hafner an. Das Gesamtkonzept von Ebenthal konnte sich beweisen und zeichnet sich durch seinen erreichten ­Wirkungsgrad aus – doch das Streben nach noch mehr Effizienz treibt die Betreiber und Planer der Regionalwärme Gruppe weiter voran: „Das Thema Wärmepumpen bleibt in Zukunft das wichtigste in ­Kombination mit optimierten Endkunden, um den maximalen Ertrag zu garantieren“, begeistert sich der Betreiber des Heizwerks Ebenthal. „Wir werden auf jeden Fall die Technologien in der Wärmeproduktion weiterentwickeln, es gibt bereits Konzepte für neue Heizwerke, bei ­denen wir noch ­effizienter werden wollen.“


 

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