Wärme- & Energieversorgung

Bier brauen unabhängig vom Erdgas: Schneider Weißbräu braut nachhaltig mithilfe von Hackschnitzeln5 min read

7. November 2023, Lesedauer: 4 min

Bier brauen unabhängig vom Erdgas: Schneider Weißbräu braut nachhaltig mithilfe von Hackschnitzeln5 min read

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Viele Brauereien sind auf Gas angewiesen, um ihre Produktionsprozesse mit Wärme zu versorgen. Eine staatliche Rationierung, anhaltende Reduktion oder gar ein Stopp der Gaslieferungen hätten daher dramatische Folgen. Zum einen wird das Bierbrauen bei stagnierend hohen Energiepreisen unrentabel und zum anderen könnten die avisierten Braumengen nicht sichergestellt werden. Während die meisten Brauereien aktuell nach Alternativen und kurzfristigen Lösungen suchen, hat die Private Weißbierbrauerei G. Schneider & Sohn GmbH in München/Kelheim bereits vor 15 Jahren einen anderen Weg eingeschlagen: Zur zukunftssicheren Versorgung leistete sich der Bierhersteller eine neue Energiezentrale mit einem Biomasseheizwerk. Als Energieträger dienen naturbelassene Wald-Hackschnitzel aus der Region. Das nachhaltige Energiekonzept wurde von Gammel Engineering aus Abensberg umgesetzt. Die Energieanlage deckt den Wärmebedarf für Füllerei, Sudhaus, Gebäudeheizung sowie Gaststätte ab. Die damals getroffene Entscheidung macht sich gerade jetzt bezahlt, da die Brauerei nicht von fossilen Brennstoffen abhängig ist. Das Schneider-Holzenergie-Konzept könnte daher vielen anderen Brauereien als Vorbild dienen.

Sudkessel_Kelheim
Seit 15 Jahren kann die Brauerei ihre gesamten Betriebsprozesse – einschließlich Abfüllung, Sudhaus sowie Gebäude- und Gaststättenheizung – selbstständig mit Wärme versorgen.

Noch bis 2007 hatte die Brauerei Schneider ihre benötigte Wärme aus Öl gewonnen – einer endlichen und preisvariablen Ressource. Um sich von dieser unsicheren Versorgung zu lösen, suchte die Geschäftsführung nach einer Alternative. „Die einfachere und deutlich bequemere Methode wäre die technisch weniger aufwändige Umstellung auf Gas gewesen“, erklärt Braumeister Josef Lechner in Bezug auf die Suche nach einer neuen Energieversorgung. „Doch auch damit hätten wir uns wieder stärker abhängig gemacht.“ Mit dem Umstieg auf eine nachhaltige Ressource, wie Hackschnitzel, war Schneider Weisse der Vorreiter in der Branche. Ein vergleichbares Vorgehen war dort bisher nicht üblich. Obwohl der Gaspreis zur damaligen Zeit sehr niedrig war, was zu einer schnellen, günstigen Standardlösung geführt hätte, standen für Georg Schneider und sein Team nicht nur der Energiepreis im Vordergrund: „Wir haben uns bewusst für die Nachhaltigkeit entschieden und die langfristigen Vorteile, die sie mit sich bringt – und sind überzeugt von der Philosophie“, sagt der Brauereichef heute. Langfristig sollte der Schritt die Brauerei auf einen klimaneutralen Weg bringen. Im Gegensatz zu Gas, Öl und Kohle, die neben der schlechten Klimabilanz erst noch aufwändig ans Ziel transportiert werden müssen, stammt der nun von der Brauerei genutzte nachwachsende Energieträger aus der unmittelbaren Nachbarschaft: Die Hackschnitzel werden von Waldbauern in der Nähe von Kelheim produziert. „Wir lassen also die Wertschöpfung in der Region. Der soziale Aspekt ist uns sehr wichtig“, hebt Josef Lechner hervor.

Biomasse-Heizwerk
Zur zukunftssicheren Versorgung leistete sich der Bierhersteller eine neue Energiezentrale mit einem Biomasse-Heizwerk.

Neue Energiezentrale und Biomasse-Heizkraftwerk
Die Abensberger Ingenieure vom bayerischen Unternehmen Gammel Engineering, die ein umfassendes Know-how im Bereich nachhaltiger Energiekonzepte vorweisen können, berieten die Brauerei während der gesamten Planungs- und Umsetzungsphase. Herzstück des neuen Konzepts bildet eine moderne Energiezentrale sowie ein Biomasse-Heizwerk zur Verarbeitung der Hackschnitzel. Durch die kon­trollierte Verbrennung entsteht Prozesswärme als Heißwasser mit 160 Grad, das über ein spezielles Leitungssystem zu den verschiedenen Prozessstationen auf dem Brauereigelände geführt wird. „Durch unser Holzheizsystem konnten wir ca. 720.000 l Heizöl pro Jahr ersetzen, was einer Einsparung von 2.000 t CO2 jährlich entspricht. Stattdessen werden im selben Zeitraum etwa 2.600 t Hackschnitzel aus der Region verwertet“ so Dieter Lichtenberger, Prokurist bei Gammel Engineering. Gammel Engineering ist mit der Betreuung und Umsetzung von Projekten dieser Größenordnung bestens vertraut. So gehörten neben der Auslegung und Installation des Kraftwerks auch der Anschluss der Kälteerzeugung und CIP-Anlagen (Anlagenreinigung) an die Energiezentrale zu den Aufgaben der Ingenieure. Dabei legte das Team großen Wert auf die Verwendung modernster Werkstoffe und Technik sowie auf eine wartungsfreundliche Umsetzung. Seither kann die Brauerei ihre gesamten Betriebsprozesse – einschließlich Abfüllung, Sudhaus sowie Gebäude- und Gaststättenheizung – zu fast 95 Prozent mit Wärme aus dem nachwachsenden Rohstoff Waldholz versorgen.

Hackschnitzel-Heizwerk
Durch die kontrollierte Verbrennung entsteht Prozesswärme als Dampf, der über ein spezielles Leitungssystem zu den verschiedenen Prozessstationen auf dem Brauereigelände geführt wird.

Kelheimer Energiekonzept als Vorlage für andere Getränkehersteller
Von Mai 2007 bis März 2008 dauerte die Umsetzung des Projekts, das ein Technik­-Investitionsvolumen von etwa 1,3 Mio. Euro umfasste. Dabei konnte sich die Anlage durch die anschließend energieeffiziente Versorgung und Einsparung preisinstabiler Ressourcen schnell amortisieren. Zudem hat die Brauerei Schneider durch die strategische Entscheidung vor 15 Jahren heute einige Vorteile gewinnen können: „Wir sind dem globalen Energiemarkt so gut wie nicht mehr unterworfen. Und zwar nicht nur, wenn man an die aktuellen Gas- und Ölpreise denkt. Sondern vor allem, weil wir nicht von Gaslieferungen abhängig sind“, argumentiert der Brauereichef Georg IV. Schneider. Der Geschäftsführer denkt hier auch ganz konkret an einen möglichen Gas-Engpass. Vielen seiner meist mittelständisch aufgestellten Mitbewerber drohe ohne Gas der Produktionsausfall. Ein Energiekonzept, wie es Gammel Engineering in Kelheim umgesetzt hat, könnte daher anderen Brauereien und Getränkeherstellern ein Vorbild sein. Denn eine unabhängige Energieversorgung auf Basis regenerativer Energien sorgt dafür, dass die Wertschöpfung in der Region bleibt. „Wir würden diese Umstellung auf Hackschnitzelheizung auch heute wieder machen. Jetzt zeigt sich, dass die Entscheidung richtig war“, so Schneider. So gab es im Jahr 2022 für die Brauerei Schneider gleich doppelten Grund zu feiern: 150 Jahre Tradition des Brauens und eine erfolgreiche und nachhaltige Energieversorgung.

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