Eisenbahnquerung sorgte für Herausforderungen beim Wasserleitungsverband nördliches Burgenland5 min read
Lesedauer: 4 MinutenWas eine neue Brücke so mit sich bringt: Aufgrund der Neuerrichtung einer Straßenbrücke über die Eisenbahngleise im burgenländischen Parndorf wurde auch die Umlegung …
… der auf der alten Querung befindlichen Trinkwasserleitungen des Wasserleitgungsverbands Nördliches Burgenland notwendig. Logistisch allein durch die Lage der Baustelle schon herausfordernd, gesellten sich noch weitere planerische Hürden dazu, die aber dank organisatorischen Geschicks gekonnt genommen wurden.
Welchen Aufwand der Neubau einer Eisenbahnquerung bedeutet, dürfte für Laien schwer ermessbar sein. Denn betroffen sind mit Straßenfahrbahn und Gleisen meist nicht nur diese zwei Transportstrecken, die beide durch Bauarbeiten massiv beeinträchtigt werden, sondern auch die gesamte Infrastruktur der Umgebung, da solche Brücken gerne als Träger für Gas-, Strom- sowie Ab- und Trinkwasserleitungen genutzt werden. Auch im burgenländischen Parndorf verhielt es sich so: Mehrere wichtige Versorgungsleitungen befanden sich auf der Brücke, dabei handelt es sich um eine Bundesstraße, die die zweispurige Ostbahnstrecke der ÖBB überquert. Die Strecke verbindet Wien mit dem nördlichen Burgenland bis hin zum ungarischen Grenzort Hegyeshalom. Bereits Jahre vor dem Neubau der Brücke musste mit der Planung begonnen werden. Denn zu den bereits erwähnten logistischen Herausforderungen gesellten sich noch weitere Hürden dazu.
Versorgungsleitung im Vorfeld entfernt
Alle Versorgungsleitungen, so auch jene des Trinkwassers, mussten im Vorfeld von der Brücke entfernt werden. Eine neue Lösung musste her, um die Wasserversorgung später beim Brückenabriss weiterhin aufrecht zu erhalten. „Wir haben mehrere Optionen in Betracht gezogen. Eine sah eine Behelfsbrücke für die Zeit der Umlegung vor. Diese wäre nach Fertigstellung der neuen Eisenbahnquerung zurückgebaut worden. Und die Leitungen auf die neue Konstruktion dann wieder aufgebaut worden“, berichtet Helmut Herlicska, technischer Leiter des Wasserleitungsverbands Nördliches Burgenland, von den baulichen Überlegungen. Das hätte zwei Bauphasen bedeutet. „Die zweite Variante war eine Bohrung unter der Eisenbahn.“ Man entschied sich für letztere, um alle baulichen Maßnahmen auf einen Schlag zu erledigen. Ein weiterer Aspekt, der für die Neuverlegung sprach, war eine vereinfachte Wartung der erdverlegten Leitungen in der Zukunft.
Material der Wahl: duktile Gussrohre
Der Wasserleitungsverband Nördliches Burgenland beauftragte die Firma PORR Bau GmbH mit den Tiefbauarbeiten, die wiederum auf die bewährten Rohrsysteme der TRM Tiroler Rohre zurückgriffen. Um den Trinkwasserbedarf abdecken zu können, wurden duktile Gussrohre mit dem Durchmesser DN300 gewählt. Innenseitig sind diese Rohre mit Zementmörtelauskleidung und außen mit Zinküberzug inklusive Deckbeschichtung versehen. Für die Nachhaltigkeit der Investition sorgt die altbewährte Zementmörtelauskleidung, sowie Vollverzinkung und Deckbeschichtung des gelieferten Materials. Insgesamt wurden circa 530 m Rohr mit der längskraftschlüssigen VRS-T-Muffenverbindung und 240 m Rohr mit herkömmlicher TYTON-Steckmuffenverbindung verlegt. Die längskraftschlüssige Verbindung punktet durch Flexibilität, Robustheit sowie Druck- und Bruchfestigkeit. Die Rohrleitungssysteme des österreichischen Unternehmens zeichnen sich durch ihre Produktcharakteristika aus: Rohre und Formstücke werden aus einem Guss gefertigt. Duktile Gussrohre sind bekannt für ihre schnelle, einfache und fehlerverzeihende Verlegung. Alle Straßen- und Eisenbahnquerungen werden im Versorgungsgebiet des Wasserleitungsverbands Nördliches Burgenland mit Stahlüberschubrohren verlegt. „Wegen der elektrischen Leitfähigkeit, da bei elektrifizierten Bahnlinien Geringströme entstehen“, erklärt Christian Habeler, der zuständige Projektleiter des WLV Nördliches Burgenland. Bis auf die bei der Bohrung links- und rechtsseitig der Gleise eingesetzten Rohre, die aus PE bestehen, verlegte man ausschließlich Gussrohr.
Kampfmittelerkundung war im sensiblen Baustellenbereich notwendig
Die Rohre wurden in Schneckenbohrtechnik eingebracht, die gegenüber der herkömmlichen Ramm- und Bohrpfahltechnik besonders erschütterungsarm ist und sich daher auch für den Gebrauch an schwingungsempfindlichen Standorten eignen. „Während den Bohrungsarbeiten haben wir alle zwei Stunden die Gleisoberkante vermessen, um zu prüfen, ob Setzungen entstanden sind. In diesem Fall hätten die Bohrungen eingestellt werden müssen“, berichtet der Projektleiter von der sensiblen Baustelle. Sensibel war diese vor allem auch durch ihre vormalige Nutzung: Im Zweiten Weltkrieg war die Bahnlinie eine Monitionstransportstrecke, auf der ein mit Kriegsmaterial beladener Zug explodierte. Eine Kampfmittelerkundung war dementsprechend zur zur Eindämmung der Gefahr vorgeschrieben. Im Bereich der Leitungsverlegung wurde in einen 12 m tiefen Schacht mittels Sonde und Metalldetektor das Erdreich ausgekundschaftet. Ein weiteres Risiko stellte die Elektrifizierung der Bahngleise dar. Zur Sicherheit aller auf der Baustelle arbeitender Personen wurden die Geräte und selbst der Bagger mit einem mehrere Zentimeter dicken Erdungskabel verbunden.
Zeitfenster für Bauphasen sehr eingeschränkt
Herausfordernd bei dem Trinkwasserleitungsbau in Parndorf war nicht nur die sicherheitssensible Baustelle an sich, sondern auch deren Organisation. Der Standort war nahe am Bahnhofsbereich und den Pkw-Abstellplätzen der Park&Ride-Anlage. Somit war an ein Vorankommen der Bauarbeiten wegen des großen Verkehrsaufkommens zwischen 7 und 9 Uhr sowie zwischen 15 und 17 Uhr nicht zu denken. „Diese Faktoren mussten alle berücksichtigt werden, um die Bevölkerung nicht zu sehr zu belasten“, berichtet Christian Habeler von den organisatorischen Tücken. „Aber nicht nur wir waren von der Brückenumlegung betroffen, sondern auch Telekomunikation, Gas, Strom und Kanal.“ Somit mussten auch die Arbeiten der anderen Einbautenträger miteinberechnet werden, um keine Verzögerungen aufkommen zu lassen und bauliche Phasen optimal zu nutzen. So konnte beispielsweise bei einem Teilstück eine Künette gemeinsam mit der ebenfalls in Gussrohr verlegten Kanalverrohrung genutzt werden.
Bauprozess etappenweise abgewickelt
Um die Wasserversorgung während des gesamten Zeitraums aufrechterhalten zu können, wurde die Baustelle in einem Schritt-für-Schritt-Plan abgewickelt. So wurde genau kalkuliert, was an einem Arbeitstag umgesetzt werden konnte, diese Etappe wurde noch am selben Tag abgeschlossen, um das Teilstück wieder an die Wasserversorgung anzuschließen. Unterdessen wurden die Abnehmer über einen Pufferspeicher mit Wasser versorgt, dessen Fassungsvermögen aber nur für einige Stunden ausreichte. Während der Umschlussphase war die Wasserversorgung kurzweilig unterbrochen – davon war vor allem ein Betonmischwerk betroffen, mit dem die Unterbrechungszeiten abgestimmt werden mussten. War der Arbeitsschritt abgeschlossen, wurde der nächste wieder detailliert geplant und angegangen, bis der gesamte Arbeitsprozess schlussendlich beendet werden konnte.
Eineinhalb Jahre Planungs- und Bauzeit
Mit November 2017 konnte das Wasserleitungsprojekt in Parndorf zum Abschluss gebracht werden. Mit dem Ergebnis ist man beim Wasserleitungsverband Nördliches Burgenland vollauf zufrieden, schließlich habe man detailliert geplant und vorbereitet, so der technische Leiter Helmut Herlicska. Insgesamt investierte man eineinhalb Jahre von der Planung über die Kampfmittelerkundung bis hin zur Inbetriebnahme und meisterte allerhand organisatorische Herausforderungen. Jetzt ist nur noch die Straßenbrücke selbst fertigzustellen.
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