Nürnberger Kino halbiert seine Energiekosten5 min read
Lesedauer: 4 MinutenAuf 4.646 Sitzplätzen aufgeteilt auf 23 Säle finden tagtäglich Filmbegeisterte in Deutschlands bestbesuchtesten Kino Unterhaltung auf höchsten technischen Niveau.
Das trifft nicht nur auf das umfangreiche Entertainment-Programm des Cinecittà in Nürnberg zu, sondern auch auf die komplexe Technik im Hintergrund, die das Filmvergnügen erst ermöglicht. Der Betrieb eines solch großen Kino-Komplexes benötigt eine immense Energiemenge. Die Überlegung, wie diese nachhaltig generiert und dabei hohe Kosten erspart werden könnten, führte bald zu der Idee, den Strom selbst zu erzeugen. Die passende Lösung lieferte der Energie- und Gebäudetechnikspezialist Burkhardt, heute versorgt sich der Kinobetrieb mittels zweier BHKWs nicht nur mit selbstproduziertem Strom, die Anlagen beheizen auch noch das Gebäude. Die Energiekosten konnten im Zusammenspiel von weiteren Einsparmaßnahmen um die Hälfte reduziert werden.
Seit seiner Eröffnung im Jahr 1995 hat das Cinecittà, Deutschlands größtes Multiplexkino, bereits über 30 Millionen Besucher begrüßt. Der imposante, in weiten Teilen unterirdische Bau liegt im Herzen der Nürnberger Altstadt und beherbergt 23 digital bespielte Leinwände, 5.000 m2 Foyerfläche, DVD-Shop, -Verleih und Bookshop, drei Restaurants sowie diverse Barbereiche, die zum cineastischen Vergnügen und Verweilen einladen. Zudem beinhaltet das Konzept des Cinecittà noch viele weitere Angebote, die über das eigentliche Kino-Erlebnis hinausgehen: Film-Events und Live-Übertragungen von Rock-, Pop- und Klassik-Konzerten, Opern, Theater und Ballettaufführungen von den berühmtesten Bühnen der Welt via Satellit direkt ins Kino. Dieses umfangreiche Entertainment-Aufgebot verschlingt dementsprechend viel Energie – deswegen war es für die Kinobetreiber früh ein großes Anliegen, Strom einzusparen und seit einigen Jahren diesen auch selbst zu produzieren.
Wunsch nach mehr Energieeffizienz
„Wir waren ständig auf der Suche nach Methoden, die unsere Energieeffizienz steigern und haben deswegen schon seit langem überlegt, ob ein BHKW für uns Sinn macht“, erläutert Benjamin Dauhrer, CTO/CMO des Cinecittà. Heute kann das mit einem eindeutigen „Ja“ beantwortet werden, denn die Kosten für den Strom konnten von etwa 700.000 Euro auf rund die Hälfte reduziert werden. Eine immense Kostenersparnis, die aus einem Bündel von Energiesparmaßnahmen – dazu zählen unter anderem eine durchdachte Lüftungstechnik und -steuerung – generiert werden konnte. Das Erdgas betriebene Blockheizkraftwerk trägt einen wesentlichen Teil dazu bei. Neben den Kosten wird auch CO2 eingespart: Die Verbrennung von Erdgas erzeugt 25 Prozent weniger Kohlendioxid als Heizöl. Wobei es sich bei der Lösung im Cinecittà eigentlich um zwei BHKWs handelt, die miteinander kombiniert wurden – für eine Anlage fand man innerhalb des Gebäudes Platz, die andere wurde extern in eine Betonraumzelle ausgelagert. Zusammen produzieren sie 420 kW Strom und können so selbst den Strombedarf des Kino-Komplexes in Spitzenlastzeiten abdecken.
BHKWs erzeugen Strom und Wärme
Geliefert wurden die beiden Blockheizkraftwerke vom Energie- und Gebäudetechnikspezialisten Burkhardt. Die Anlagen des Typs ECO 210 EG erreichen Gesamtwirkungsgrade von ca. 90 Prozent. Das bedeutet, dass der eingesetzte Energieträger Gas mit geringen Verlusten in nutzbare Wärme und Strom umwandelt wird. Im Vergleich dazu wird bei konventioneller Erzeugung, zum Beispiel in einem Gaskraftwerk, nur ein Wirkungsgrad von ca. 40 Prozent erzielt. Die anfallende Wärme aus Abgas, Ladeluft, sowie Kühl- und Schmierkreis wird auf einer Temperatur von 95 Grad ausgekoppelt und kann für Heizzwecke verwendet werden. So wie im Cinecittà in Nürnberg, wo die thermische Gesamtleistung der BHKWs 496 kW beträgt. Der Nebeneffekt der Wärmeproduktion kann in dem großen Kino-Komplex natürlich gut genutzt werden, die Abwärme des BHKWs reicht aus, um das gesamte Gebäude zu heizen. Wird im Sommer hingegen Energie zur Gebäudekühlung benötigt, wird die Abwärme mittels Absorptionskälteanlage und Kompressionskälteanlage (beides Fabrikat Carrier, geliefert von Burkhardt) in Kälte umgewandelt.
Neue Anlagen wurden gefördert
Mehr als die Hälfte der BHKW-Kosten, in die bereits der Wartungsaufwand einkalkuliert worden ist, wurde durch einen Zuschuss der BAFA (Bundesamt für Wirtschaft und Ausfuhrkontrolle) finanziert. Status quo, der seit Dezember letzten Jahres gilt, werden nach der Richtlinie zur Förderung von Kälte- und Klimaanlagen (Kälte-Klima-Richtlinie) neue stationäre Kälte- und Klimaanlagen mit maximal 150.00 Euro pro Maßnahme sowie auf maximal 50 Prozent der förderfähigen Ausgaben gefördert.
Dynamische Anpassung an den Strombedarf
„Wir arbeiten mit Burkhardt im Lüftungs- und Kältebereich schon lange zusammen, deswegen fiel die Wahl sehr schnell auf das Unternehmen, nachdem wir erfahren haben, dass es auch BHKWs fertigt“, berichtet Benjamin Dauhrer. „Die Mitarbeiter von Burkhardt kannten die Gegebenheiten im Haus bereits sehr gut.“ Als mit der Zeit gewachsenes Gebäude verfügt das Cinecittà über so manche Eigenheiten, die die Leit- und Steuerungstechnik komplexer machten – da schadete ein gewisses Know-how über die vorhandenen Gebäudestrukturen nicht. Denn um mit den steigenden Besucherströmen fertig zu werden, wurde das Cinecittà mit den Jahren schrittweise vergrößert. Herausfordernd war außerdem die Implementierung des innerhalb des Kino-Komplexes befindlichen BHKW: So galten besonders hohe Schallanforderungen für die Anlage, da sich das BHKW direkt neben einem Kinosaal befindet. Der cineastische Genuss der Besucher sollte natürlich nicht durch störende Geräusche gemindert werden. Erreicht wurde die geringe Geräuschbelastung unter anderem durch einen speziellen schallentkoppelten Boden und einer Schallkapselung. Auch die Betonraumzelle im Außenbereich ist schallgedämmt und wurde mit Schallabsorption geliefert. Vorteil dieser Variante ist, dass die Anlage samt Regelungstechnik sowie kompletter Elektroinstallation schlüsselfertig installiert und verkabelt an den Kunden geht und somit in kürzester Zeit betriebsbereit ist. Aufgrund des optimierten Aufbaus sind alle Komponenten für Wartungs- und Servicearbeiten leicht zu erreichen. Der zeitliche Aufwand wird dadurch auf ein Minimum reduziert. Hier erweist sich das Zwei-Komponenten-System als ideal: Wenn eine Anlage gewartet wird, läuft die andere weiter. Doch der größte Vorteil dieser Lösung ist, dass sich die BHKWs an den aktuellen Strombedarf dynamisch anpassen. Für das Cinecittà hat sich die Anschaffung der beiden Anlagen jedenfalls mehr als gerechnet: In Summe konnten die Energiekosten auf 350.000 Euro im Jahr halbiert werden.
Teilen: