Heizwerk 3.0 für Kärntner Gemeinde Feldkirchen5 min read
Lesedauer: 3 MinutenMit der CO2-Ersparnis des innovativen Biomasseheizwerks in Feldkirchen könnte man ganze 955 Mal um die Welt fahren – pro Jahr.
Stattdessen freut man sich in der Kärntner Stadtgemeinde über die nachhaltig erzeugte Fernwärme. Die hohe Entlastung der Umwelt ist dem sonnenverwöhnten Standort des Heizwerks geschuldet sowie dem ausgetüftelten Zusammenspiel von Photovoltaik- und Biomassetechnik.
Mit teils über 2.000 Sonnenstunden zählt Kärnten zu den sonnenreichsten Bundesländern Österreichs. Logisch daher, dass die in Köttmannsdorf bei Klagenfurt beheimatete Regionalwärmegruppe sich auf mit Photovoltaik gekoppelte Biomasseheizwerke spezialisiert hat. Aufgrund ihrer Erfahrung mit der Thematik betraute deswegen die Stadtgemeinde Feldkirchen die Betreiber mit der Realisierung des neuen Heizwerks – das bis jetzt 19. der Unternehmensgeschichte. Besonders starke Erfahrungswerte konnte die Regionalwärmegruppe bei der Planung und dem Betrieb des 2015 errichteten Heizwerks in Krumpendorf sammeln. Für das Heizwerk in der Wörthersee-Gemeinde wurde das Unternehmen zu Jahresbeginn im Rahmen der Europäischen Biomassekonferenz ausgezeichnet. Das gebundene Know-how aus dem Pionier-Projekt kam bei der Realisierung in Feldkirchen nochmals voll zu Tragen. Auch hier handelt es sich durch die multivalente Nutzung von mehreren nachhaltigen Energiequellen und die dahintersteckende technische Raffinesse um ein von der Regionalwärmegruppe betiteltes „Heizwerk 3.0“. Die Bezeichnung kommt nicht von ungefähr: Dank seiner Innovationskraft kann sich das Heizwerk einer vorbildlichen Effizienz rühmen: Zusätzlich zu Biomasse-, Kondensations- und Solaranlage wurden auch eine Wärmepumpe sowie ein Holzgaskraftwerk installiert.
Vom Konzept in die Realität
Die umweltfreundliche Wärmeversorgung war Feldkirchen schon seit langer Zeit ein Anliegen – an unterschiedlichen Konzepten fehlte es zwar nicht, doch zur Umsetzung schafften es diese nie. Schlussendlich konnte 2016 die Planung für das Heizwerk doch durch Regionalwärmegruppe-Geschäftsführer Johann Hafner und sein Team gestartet werden, die Inbetriebnahme erfolgte im Mai dieses Jahres. „Natürlich hat die Coronakrise auch unseren Bau etwas verzögert, allerdings lief es für uns als regionales und unabhängiges Unternehmen trotz der massiven Maßnahmen im Großen und Ganzen sehr gut.“, berichtet Johann Hafner. Dabei geholfen hat sicher auch, dass auch bei den Lieferpartnern wo möglich auf regionale Hersteller gesetzt wurde. Am Dach des Biomasseheizwerks wurde etwa eine 50 kWp Photovoltaik Anlage der Firma Kärnten Solar errichtet, welche die Stadt mit zusätzlicher erneuerbarer Energie versorgt. Ein Bürgerbeteiligungsmodell verspricht allen interessierten Bewohnern von Feldkirchen zusätzlich die Möglichkeit einer attraktiven Renditenschaffung über mehrere Jahre. Diese Investition soll sowohl die Attraktivität des Wirtschaftsstandortes Feldkirchen, als auch die Qualität der Stadtgemeinde als Lebensraum stärken.
Wärme aus der Region
Herz des Heizwerks ist der 2 MW starke Biomassekessel vom Kärntner Hersteller Kohlbach, dessen Produkte sich schon bei anderen Projekten der Regionalwärme Gruppe bewährt haben. Die erzeugte Energie kommt ausschließlich aus Biomasse aus der Region. „Wir haben einen Kreis von 49 Kilometern um Feldkirchen gezogen. Von dort kommt unser Wald-Hackgut“, erläutert Regionalwärmegruppe-Projektleiter Thomas Modritsch. Eine vollautomatische Krananlage sorgt für die perfekte Materiallogistik. Mit dieser wird das Hackgut aus der 90 m langen Lagerhalle zuerst eingebracht, danach erfolgt eine Bestückung des Schubbodens ebenfalls vollautomatisiert. Durch eine spezielle Programmierung der Kransoftware ist es möglich, verschiedene Qualitäten der Biomasse zu mischen und exakt auf die Leistung der Heizgradtage anzupassen. Angeliefert wird das bereits aufbereitete Brennmaterial, um Lärmbelästigungen für die Anrainer zu vermeiden, nur von 7 bis 19h an Werktagen. „Wir haben Mess-Simulationen durchführen lassen, die belegen, dass es auch beim Vollbetrieb des Werkes zu keinerlei Lärmbelästigung kommen wird.“ Da das Heizwerk quasi im Alleinbetrieb läuft, können die Lieferanten per Code auf das Gelände gelangen.
Technik auf neuesten Stand
Eine weitere Effizienzschraube wurde mit der Integration einer Rauchgaskondensationsanlage gedreht. Im Hinblick auf den ressourcenschonenden Umgang mit Energie wurde zusätzlich eine Rauchgaskondensationsanlage von Scheuch installiert, wodurch das Niedertemperaturpotenzial voll genützt wird. Dabei wird die Abwärme, die ansonsten über den Kamin ungenutzt verpuffen würde, rückgeführt. Das Rauchgas wird auf ca. 3 Grad über der Fernwärmerücklauftemperatur abgesenkt. So kann der Brennstoff noch effizienter eingesetzt werden und der Gesamtwirkungsgrad der Anlage erhöht sich. Neben der Rauchgaskondensationsanlage wurde außerdem noch ein Elektrofilter von Scheuch und eine moderne Wärmepumpentechnologie verbaut.
Mehr Betriebssicherheit, besseres Lastmanagement
Die Vorteile einer multivalenten Zwei-Kesselanlage sind unter anderem eine besser gewährleistete Betriebssicherheit, optimiertes Lastmanagement und gesteigerte Effizienz. Der Einsatz großer Solarthermieanlagen in Kombination mit Fernwärmeanlagen ist mit der Wärmeversorgung von Neuanschlüssen und zur Behebung von Problemen in der Sommerwärmebedarfsdeckung von Fernwärmenetzen auch wirtschaftlich interessant. Die Wärmegestehungskosten der Solaranlage sind weit unterhalb des Öl-/Gaskesselbetriebs, aber auch absolut konkurrenzfähig zum Biomassekesselbetrieb. Durch das Zusammenwirken von Solarthermie und Biomasse kann insbesondere im Sommer eine Energiesteigerung erzielt werden. Bei der Energieerzeugung durch Sonnenenergie wird eine hohe Pufferkapazität benötigt, im Falle von Feldkirchen bemisst sich diese bei 120.000 Liter.
Beachtliche CO2-Ersparnis
Neben Land und Stadt hat die Regionalwärmegruppe bereits viele weitere Wärmekunden unter Vertrag – insgesamt zum jetzigen Zeitpunkt 260. Unter anderen großen Firmen wie die ara shoes GmbH, die ein Firmengelände von 10.000 m² in Zukunft umweltfreundlich beheizen wird, oder die ÖBB mit dem Bahnhof in Feldkirchen, der an das im Endausbau 15 km lange Biomasse-Fernwärmenetz angeschlossen wird. „Mit dem Biomasseheizwerk wird die Stadt Feldkirchen jährlichen 4.880 t CO2 einsparen können – in mit dem Auto zurückgelegten Kilometer entspricht dies einer Leistung von ca. 38.282.017 km. Anders ausgedrückt, bedeutet dies jährlich 955 Mal um die Welt zu fahren“, zeigt sich Johann Hafner von der Leistung seines neuesten Heizwerks begeistert.
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