Oldtimer bewältigen gemeinsam mit moderner Winterdiensttechnik den Durchstich am Großglockner6 min read
Lesedauer: 4 MinutenAuch wenn das Wetter in den Tälern teilweise schon sommerlich war, hatten die Räumtrupps auf der Großglockner Hochalpenstraße mit viel mehr Schnee als in den Jahren zuvor und besonders herausfordernden Wetterbedingungen zu kämpfen. Am 26. April war es dann so weit: Die beiden Räumteams trafen zum alljährlichen Durchstich am Hochtor aufeinander.
Dem alljährlichen Durchstich am Hochtor, der Passhöhe der Großglockner Hochalpenstraße und Landesgrenze zwischen Kärnten und Salzburg, war dieses Jahr ein wahres Wechselbad der „Wettergefühle“ vorangegangen: Zuerst sommerliche Temperaturen in den Niederungen – dann Schneefall im Tal und noch mehr im Hochgebirge. Trotz allem konnten die Räumtrupps aus Norden und Süden in gewohnt professioneller Manier die Schneemengen bewältigen und sich zum Durchstich auf 2.504 Höhenmetern vorarbeiten – und damit den symbolischen Startschuss für die Sommersaison des touristischen Österreichs geben. Die Großglockner Hochalpenstraße, größtes nationales Denkmal und eine der bedeutendsten Sehenswürdigkeiten des Landes, ist damit seit 27. April wieder für den Verkehr freigegeben. „Die Passstraße ist eine Visitenkarte Österreichs – inmitten des Nationalparks Hohe Tauern, des größten Nationalparks Mitteleuropas. Einzigartig wegen seiner unvergleichlichen Naturlandschaft, aber auch einzigartig dank der Großglockner Hochalpenstraße, die den Menschen die Möglichkeit eröffnet, die Natur in einer Unmittelbarkeit zu erleben, die durch kein Video, keine Fernsehsendung oder virtuelle Realität ersetzt werden kann“, betont Leo Bauernberger, Geschäftsführer von SalzburgerLand Tourismus die Wichtigkeit der alpinen Verkehrsverbindung während des offiziellen Durchstichs am Hochtor. Der Tourismus in den alpinen Regionen hat in den letzten Jahren einen Aufschwung erlebt: Mit rund acht Millionen Übernachtungen jährlich hat sich die Region Hohe Tauern zu einer der wichtigsten und dynamischsten Destinationen entwickelt. Dementsprechend hohe Priorität hat die Passräumung und der Start in die Saison.
Umweltverträgliche Passräumung
Wenn es um die Schneeräumung auf der Großglockner Hochalpenstraße geht, kennt man nach wie vor diese vier Namen: Jörgen, Oskar, Ander und Eisbändiger. Die vier berühmten Rotationspflüge, die noch vom Erbauer der hochalpinen Straße Franz Wallack konstruiert wurden, geben in Sachen Schneeräumung den Ton auf der Hochalpenstraße an. Doch nun sind die eisblauen Oldtimer in der Zukunft angekommen: Ab sofort werden sie mit HVO100-Fuel betrieben, einem synthetisch hergestellten, beinahe klimaneutralen Diesel-Ersatzkraftstoff. Die Abkürzung HVO bedeutet „hydrotreated vegatable oils“ – auf Deutsch: hydrierte Pflanzenöle. Sprich: Aus Altspeisefetten wie benutztem Frittier- oder Bratfett wird in einem energieeffizienten Verfahren und anschließender Hydrierung, bei der regenerativ erzeugter Wasserstoff hinzugegeben wird, ein wasserklarer und nahezu geruchloser Kraftstoff hergestellt. Dieser 100 Prozent biobasierte Treibstoff hat massive Vorteile: HVO100 verursacht um bis zu 90 Prozent weniger CO2-Emissionen als herkömmlicher Diesel und ist bei der Verbrennung annähernd rauch- und geruchlos. Die höhere Cetanzahl von HVO100 beeinflusst das Verbrennungsverhalten im Motor positiv: Es entstehen 30 Prozent weniger Stickoxide und Feinstaub. „Der Test wurde bestanden, wir stellen unseren Fuhrpark für alle Flottenfahrzeuge, die wir noch nicht elektrisch betreiben können, auf 100 Prozent organischen Treibstoff um“, zeigt sich Johannes Hörl, Vorstand der Großglockner Hochalpenstraßen AG (GROHAG) überzeugt. Und das gilt selbst für die Fräs-Oldtimer: Der moderne Treibstoff kann ohne Modifikationen und damit ohne zusätzliche Investitionen in allen herkömmlichen Dieselmotoren verwendet werden – auch in den immerhin 70-jährigen Räumfahrzeugen, die sich seit vielen Jahrzehnten bei der Passfreiräumung bewähren.
Moderne Winterdiensttechnik beschleunigt die Passöffnung
Allerdings haben die Oldtimer in diesem Jahr tatkräftige Unterstützung von modernen Arbeitskollegen bekommen: Zwei Wochen lang frästen sich vier Unimogs sowie weitere spezialisierte Geräteträger entlang der Großglockner-Hochalpenstraße jeweils von Salzburger- und Kärntnerseite gemeinsam mit den Wallack-Rotationspflügen durch Eis und Schnee. Den meterhohen Schneewällen trotzte man mithilfe des für den hohen Räumanspruch konzipierten Winterdienstgeräts von Kahlbacher. Die Gerätschaften des Tiroler Herstellers haben schon viele Pässe freigeräumt und konnten sich im hochalpinen Einsatz etablieren. Die KFS 950 asymm. erweist sich als ideal für alpine Straßen, denn durch die größeren Spiralen- und Wurfraddurchmesser wird der durch die monatelange Liegezeit karstige Schnee gezielt durch den Auswurf der Fräse geworfen. Zusätzlich können durch die exakte Abstimmung zwischen Wurfrad- und Frässpiralendrehzahl Wurfweiten von bis zu 30 m bei maximaler Leistungsausnutzung erzielt werden. Die Schneefrässchleuder eignet sich für härteste Schneeräumbedingungen auf allen Verkehrsflächen – bei der Passfreiräumung am Großglockner durfte sie das abermals unter Beweis stellen. Dabei half der Fräse auch ihre Räumhöhe von bis zu 1,3 m. Das effiziente Arbeiten des Gerätes wird abgerundet durch die hydraulische Querneigungs-Einrichtung, denn erst die exakte horizontale Anpassung der Fräse an die Fahrbahn ergibt ein optimales Räumbild. Aufgrund der offenen Bauweise ist die Schneefrässchleuder in der Lage, jede Art von Schnee aufzunehmen, sogar mit Fremdkörpern behaftetes Räummaterial. Der Auswurf ist auf alle Einsatzbedingungen vorbereitet: Verschiedene Auswurfkamine sowie die hydraulisch stufenlos verstellbare Kamin-Verschwenkung für den seitlichen Direktauswurf und die hydraulische Blenden-Verstellung sorgen dafür. Die asymmetrische Bauweise mit dem optionalen hydraulischen Seitenverschub garantiert hohe Wendigkeit, geringe Vorderachslast, optimale Sichtverhältnisse sowie maximale Leistungsausbeute – alles Vorteile, die bei diesem Extrem-Einsatz ausgespielt werden konnten. Kahlbacher-Geräte sind konsequent auf Langlebigkeit ausgelegt. Der Einsatz von qualitativ hochwertigen Materialien, innovativer Technik und das Know-how aus über 70 Jahren Entwicklungsarbeit verleiht dem Equipment auch unter härtesten Einsatzbedingungen höchste Zuverlässigkeit und Verfügbarkeit.
Wetter sorgte für widrige bedingungen
Selbst wenn heuer im Tal bereits im Frühling sommerliche Spitzentemperaturen herrschten, so hatten die Schneeräumtrupps hoch oben in den Bergen dennoch wieder beträchtliche Schneemengen zu bewältigen. Am 8. April wurde in diesem Jahr mit der Schneeräumung begonnen: Zuerst wird die Durchzugsstraße von Fusch nach Heiligenblut geräumt. Dabei erledigt eine Pistenraupe die Vorarbeit und schiebt eine ebene Trasse, damit die Schneefräsen hinterherfahren können. Doch nicht alles passiert maschinell: Die beiden Tunnelportale Mittertörl und Hochtor müssen teilweise noch händisch ausgeschaufelt werden. Zwischendurch hat eine Kaltfront mit bis zu 120 cm Neuschnee in Verbindung mit starkem Wind und dadurch schlechter Sicht den Räumfortschritt massiv gebremst. Allen Widrigkeiten zum Trotz sind die beiden Räumtrupps aus Kärnten und Salzburg planmäßig zum alljährlichen Durchstich am Hochtor aufeinandergetroffen.
Erschienen in zek KOMMUNAL Ausgabe 2/2024
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