Innsbrucker Wasser für Generationen
Direkt in der Innsbrucker Nordkette entspringt die Mühlauer Quelle. Das hochwertige Quellwasser sprudelt völlig naturbelassen aus rund 90 Prozent der städtischen Wasserhähne. Damit es dorthin gelangt, wird es vorab vom Versorgungsunternehmen Innsbrucker Kommunalbetriebe (IKB) tief im Inneren des Berges mit einer Stollenanlage gefasst, aus dem Berg geleitet, gesammelt und in die Stadt transportiert. Um auch den nächsten Generationen eine nachhaltige Trinkwasserversorgung auf höchstem Qualitätsniveau garantieren zu können, wurde die über 70 Jahre alte Stollenanlage der Mühlauer Quelle saniert und um einen zusätzlichen Quellstollen erweitert. So kann der zunehmende Wasserverbrauch der Stadt auch in den nächsten Jahrzehnten einwandfrei abgedeckt werden.

© IKB
Wenn das Wasser der Mühlauer Quelle nach seiner rund 10-jährigen Reise durch den Berg in die Trinkwasserleitungen des Versorgungsunternehmens IKB eingespeist wird, ist es bereits keimfrei und besitzt höchste Trinkwasserqualität. Daher können rund 90 Prozent des Trinkwassers quellfrisch und völlig naturbelassen in die Innsbrucker Haushalte fließen. „Um diese Kostbarkeit für die nächsten Generationen zu bewahren, sind der Ausbau und die Sanierung der Mühlauer Quelle von großer Bedeutung. So stellen wir sicher, dass Innsbruck langfristig mit dem hochwertigen Trinkwasser versorgt werden kann“, so Innsbrucks Bürgermeister Ing. Mag. Johannes Anzengruber, BSc. über eines der wichtigsten Infrastrukturprojekte des Versorgungsunternehmens. In Zeiten, in denen aufgrund von klimatischen Veränderungen und Bevölkerungswachstum auch in Österreich das Wasser knapp werden könnte, wird in der Tiroler Landeshauptstadt somit vorgesorgt. Die über 70 Jahre alte Anlage wird umfassend saniert und um einen Quellstollen erweitert – ein entscheidender Schritt, um den wachsenden Wasserbedarf von Innsbruck auch in den kommenden Jahrzehnten sicher zu decken.
Herausfordernde Überraschung im Berg
Ein Murenabgang im Jahr 2012 machte die Anfälligkeit mancher Stollenbereiche der Mühlauer Quelle für den Eintritt von Oberflächenwasser deutlich. Die Mure riss damals den Boden auf, so bestand bei Starkregen die Gefahr, dass das Wasser im Stollen verunreinigt werden könnte. Wegen des drohenden Eindringens von Oberflächenwasser entschied man sich, die bestehende Anlage zu sanieren und gleichzeitig einen zusätzlichen Stollen zu bauen, um mehr Quellwasser zu erschließen. Die Planungen begannen 2015, doch gleich nach Baubeginn 2022 zeigte sich, dass der Berg anders beschaffen war als erwartet. „Das hat zu einem aufwendigeren Bau geführt, wir haben den Berg viel umfassender und stärker absichern müssen. Das war eine große bauliche Herausforderung, die zu mehr Zeit- und Kostenaufwand geführt hat“, schildert Ing. Mag. (FH) Robert Gschleiner, Bereichsleiter für Trinkwasser bei den IKB. Insgesamt wurden 43 Millionen Euro in das Versorgungsprojekt investiert. „Geologen hatten prognostiziert, dass man nach wenigen Tunnelvortriebsmetern auf Fels stößt. Das war dann leider nicht der Fall, sondern wir sind auf den sogenannten Mühlauer Mergel gekommen.“ Dieses Gestein erwies sich als lehmig und nicht standfest.

© IKB
Hohe Anpassungsfähigkeit gefragt
Um das Wasser zu erschließen, ist eine große, fachkundige Mannschaft wichtig: von der Projektleitung und dem Wasser-Team der IKB über die örtliche Bauaufsicht, die geologische Begleitung, die zahlreichen Lkw-Fahrer:innen bis zu den Mineur:innen, die vor Ort arbeiteten. Es wurden jahrelang Vorbereitungen getroffen, die unterschiedlichen Bedingungen geprüft und die hoch komplexen Arbeiten an der Nordkette bis dato erfolgreich und ohne erhebliche Zwischenfälle durchgeführt. Nach gelungen abgeschlossenen Vorarbeiten waren Tag und Nacht verschiedene Teams im Inneren des Berges tätig, um den Stollen möglichst rasch vorzutreiben und das zusätzliche Wasser zu erschließen. „Das ist ein technisch höchst komplexes Verfahren, für das viel Spezialwissen nötig ist. Die Quellen und das Gestein wurden lange beobachtet, damit wir behutsam einen neuen Wasserweg bahnen konnten“, erklärt IKB-Vorstandsmitglied Dr. Thomas Pühringer die aufwendige Umsetzung des neuen Umgehungsstollens, der die von Oberflächenwassereintritten gefährdeten Bereiche sicher umfährt. Dabei war trotz aller Vorbereitungen ein hohes Maß an Anpassungsfähigkeit an die gegebenen Umstände gefragt: „Aufgrund der Geologie musste während der laufenden Arbeiten das Projekt komplett überarbeitet werden und die Lage des Quellstollens umgeplant werden. Nach 320 m Quellstollenbau wurden die wasserführenden Gesteine angetroffen, der Wasserandrang war so groß, dass dieser Bereich mittels Spezialbaulösung gesichert wurde. Von dieser Kaverne aus wurden verrohrte Bohrungen bis 160 m tief weiter ins Gebirge abgeteuft. Um das Trinkwasser zu erschließen, mussten spezielle Bohrrohre konstruiert werden, die auch von der Lehrwerkstätte der IKB geliefert wurden. Um die Bauzeit zu verkürzen, wurden für die Transportleitung optimierte Stahlformteile eingesetzt“, berichtet Projektleiter IKB DI Markus Wippersberger.

© Alpe Pipe Systems
Bau unter laufendem Betrieb
Der Bau des neuen Trinkwasserstollens führte naturgemäß mitten durch das Gestein hin zur neuen zusätzlichen Wasserquelle. Ein massiver 27.500 kg schwerer Bohrwagen schlug den anspruchsvollen Weg durch den Felsen. In den vergangenen Jahren wurden damit rund 32.000 Löcher gebohrt, in denen die Sprengladungen platziert werden. Mit bis zu fünf Sprengungen pro Tag wurde der neue Trinkwasserstollen vorgetrieben. Eine große Herausforderung war dabei der Bau unter laufendem Betrieb. „Die Mühlauer Quelle ist das Standbein der Innsbrucker Trinkwasserversorgung, daher konnten wir die Quelle nicht ausleiten während der Bautätigkeiten, da ansonsten die Trinkwasserversorgung nicht mehr funktioniert hätte“, berichtet Robert Gschleiner. Die Sprengarbeiten mussten daher akribisch geplant, organisiert und letztendlich umgesetzt werden. Oberste Priorität hatte neben der stets gegebenen Trinkwasserversorgung die Arbeitssicherheit. „Arbeiten unter Tage sind nie ganz ungefährlich, insbesondere, da die Standsicherheit im Stollen nicht so gegeben war wie prognostiziert. Es war eine sicherheitstechnische Herausforderung, die bestens bewältigt wurde.“ Mehrere hundert Meter ragt der neue Quellstollen in das Gestein der Nordkette, der das bestehende Stollensystem ergänzt. 650 Meter der verlegten Leitung in der Dimension DN900 stammen vom Tiroler Unternehmen Alpe Pipe Systems. Von seinem Standort in Stams realisiert der Hersteller und Händler anspruchsvolle Rohrleitungsbauprojekte in Österreich und ganz Europa. Dabei setzt man auf korrosionsbeständige Vollschutzrohre aus hochwertigem Stahl und robustem Gusseisen – für maximale Langlebigkeit und Sicherheit. Die Leitung aus Stahl- und Gussformteilen wurde aufgeständert verlegt, wobei pro Rohr zwei Auflieger eingesetzt wurden. Für geringe Richtungsänderungen kamen Gussformteile zum Einsatz, für Hochpunkte und T-Stücke wurden Stahlformteile verwendet. Die Hauptleitung des Quellwassers, sowohl beim Umgehungsstollen, als auch beim neuen Quellstollen, ist aus Gussrohr. „Es ist ein bewährtes Material, hat eine sehr hohe Qualität mit einer sehr hohen Lebensdauer“, erklärt Robert Gschleiner die Wahl des Rohrmaterials. Somit ist die Trinkwasserversorgung der Innsbrucker über Generationen gesichert. Als Hauptvertriebspartner des renommierten Schweizer Gussrohrherstellers vonRoll bietet Alpe Pipe Systems Gussrohre von höchster Qualität. Passrohre aus Guss wurden sowohl werkseitig als auch vor Ort angefertigt, da die exakten Baulängen aufgrund der vorgefertigten Auflieger präzise eingehalten werden mussten. Teils wurden Stahlformteile eingesetzt, da diese den Vorteil bieten, dass sie maßgefertigt werden können – mit genau definierter Baulänge, den benötigten Abgängen und Abwinkelungen. Zudem sind sie bei größeren Dimensionen kostengünstiger. Durch die gewählte aufgeständerte Verlegeart sind keine Spannungen auf der Trinkwasserleitung gegeben, zusätzlich kann dadurch die Leitung bei Wartungsarbeiten von unten inspiziert werden. Die Dienste von Alpe Pipe Systems hat man bei den IKB bereits oftmals in Anspruch genommen und zeigt sich auch bei diesem Jahrhundertprojekt sehr zufrieden: „Die Lieferungen haben ausgezeichnet funktioniert, die Zusammenarbeit hinsichtlich Service war ideal“, lobt Robert Gschleiner. Neben der fundierten Beratung und dem verlässlichen Service profitierte man vom jederzeit einsatzbereiten Lager des Unternehmens, wodurch teure Lagerkosten bei der Baustelle erspart werden konnten und trotzdem die Materialverfügbarkeit stets gegeben war.

© IKB
Sanierung 2025 abgeschlossen
Seit der Fertigstellung der neuen Quellerschließung fließen zusätzlich mindestens 350 Liter pro Sekunde an frischem Trinkwasser in das Versorgungssystem. Dieses Wasser ist laut Robert Gschleiner eines der besten in Europa. „Es verweilt über zehn Jahre im Berg, bis es bei der Quelle wieder herauskommt und weist dadurch eine hervorragende mineralische Zusammensetzung auf. Es ist von höchster Güte und von höchster Reinheit“, betont er. Die Sanierungs- und Erschließungsarbeiten konnten 2024 abgeschlossen werden, heuer finden noch Arbeiten am Stollenportal und der Hangsicherung, die Fertigstellung der Elektrotechnik sowie Rekultivierungsarbeiten statt, um die Forstwege in ihren ursprünglichen Zustand zurückzuversetzen. DI Helmuth Müller, Vorstandsvorsitzender der IKB, freut sich, das Zukunftsprojekt zu begleiten: „Der Quellausbau ist ein Meilenstein für die Innsbrucker Trinkwasserversorgung. Das jetzige Stollensystem wurde vor mehr als 70 Jahren erbaut und stellt seit seiner Inbetriebnahme im Jahr 1953 das Standbein der Innsbrucker Trinkwasserversorgung dar. Heute setzt die IKB weitere Schritte, um die Anlage nach den neuesten technischen Maßstäben für die Zukunft zu rüsten.“ Mit dem Zukunftsprojekt wird sichergestellt, dass die Innsbrucker Haushalte auch in den nächsten Jahrzehnten verlässlich mit dem naturbelassenen Trinkwasser direkt aus der Nordkette versorgt werden können.
Erschienen in zek KOMMUNAL, Ausgabe 1/2025