Abwassertechnik

Effiziente Klärschlammtrocknung7 min read

11. Dezember 2013, Lesedauer: 5 min

Effiziente Klärschlammtrocknung7 min read

Lesedauer: 5 Minuten

Aufgrund ihrer Lage in den Alpen wurde die ARA Tobl Kläranlage St. Lorenzen in Südtirol in Kavernenbauweise erstellt. Ein zukunftsorientiertes, energieeffizientes Konzept wurde realisiert.

Die ARA Pustertal AG, ein Zusammenschluss aus 28 Gemeinden der östlichen Landeshälfte von Südtirol betreibt fünf Kläranlagen. Die größte Anlage im Verbund ist die ARA Tobl, die wegen der topografischen Lage 1996 in drei parallel verlaufenden Kavernen erstellt wurde. 220.000 m3 Gestein und Erde, 740 km Bohrungen und 220 to Sprengstoff lassen die Ausmaße der dafür erforderlichen Bauarbeiten erahnen. Die gesamte Abwasserlinie und die Faultürme wurden unterirdisch 200 m tief in den Berg gebaut. Eine Be- und Entlüftung versorgt die unterirdische Kläranlage mit Sauerstoff und gewährleistet den Luftaustausch. Die Schlammlinie mit Entwässerung, Trocknung und Verbrennung sowie das moderne Verwaltungsgebäude liegen oberirdisch am Fuß des Berghangs. Das Einzugsgebiet der Anlage umfasst 14 Gemeinden auf 1.150 km2. Sechs Mio. m3 Abwässer werden in der ARA Tobl jährlich gereinigt. 25.000 to Schlamm, davon 7.000 aus eigener Klärung, der Rest durch Zukauf, werden pro Jahr hier behandelt. Bereits zwei Jahre nach Inbetriebnahme wurde eine erste Klärschlammtrocknungsanlage installiert. 2004 kam die thermische Verwertungsanlage – eine Pyrolyse Drehtrommel – hinzu. 2008 wurde der bis dahin eingesetzte Trommeltrockner durch einen Niedertemperatur-Bandtrockner (NTT) vom Typ BDSLC I-RT-C-2.1 der Andritz 3SYS durch ein PPS 5099-Trocknerband der GKD – GEBR. KUFFERATH AG ersetzt.

KLARE SACHE
Die unterirdische Abwasserlinie der ARA Tobl ist dreistraßig angelegt und damit doppelt so groß wie ein Autobahntunnel. 1.100 l/s Abwasser in die Anlage. Abgesehen von einer Milchfabrik als größtem industriellen Einleiter handelt es sich dabei hauptsächlich um kommunale Abwässer. Die physikalische Reinigung ist zweistraßig. Im Sandfang wird der Sand abgetrennt, ein Grob- und ein Feinrechen entfernen die Sperrstoffe. In den Vorklärbecken der Seitenstollen wird sodann der schwere Schlamm bei einer mittleren Verweilzeit von 90 Minuten abgeschieden. Anschließend durchläuft das Abwasser die Biologie. Das Denitrifikationsbecken reduziert ohne Zugabe von gelöstem Sauerstoff die Nitrate. In der Nitrifikation wird Sauerstoff in Form von Luft zugegeben, um den im Abwasser vorhandenen Ammoniumstickstoff biologisch zu oxidieren. Die biologisch nicht abgebauten Phosphorverbindungen werden sodann mit Hilfe von Chemikalien durch Simultanfällung gebunden. Im Nachklärbecken erfolgt durch Sedimentation der Belebtschlammflocken die Trennung der Mikro­organismen vom gereinigten Abwasser. Zum Schluss durchläuft das so behandelte Abwasser die Messkontrolle. On-Line Messungen verbessern die Qualität der Reinigung. Die Restkonzentrationen von Kohlenstoffverbindungen, Ammoniumstickstoff, Nitrat und Phosphat werden gemessen und protokolliert. Das aufbereitete Klarwasser wird schließlich in die Rienz eingeleitet.

KURZER PROZESS
Eine Siebtrommel entwässert den Primärschlamm aus der Vorklärung, ein Siebband den Überschussschlamm aus der Nachklärung. Nach der Erwärmung auf 38°C kommt der so stabilisierte Schlamm in die beiden unterirdischen, 20 m hohen und 2.000 m3 großen Faultürme, wo er unter Luftabschluss rund 20 Tage ausfault. Hierbei werden die organischen Inhaltsstoffe von Bakterien in Kohlenstoffdioxid (CO2) und Biomethan umgesetzt, das bis zur Verwertung in den drei Blockheizkraftwerken der Kläranlage in einem Gasspeicher zwischengelagert wird. Die entstehende elektrische Energie ersetzt einen Teil des Strombedarfs, die thermische Energie heizt den Schlamm für die Faultürme sowie die Betriebsgebäude. Eine im Jahr 2012 zusätzlich eingerichtete Deammonifikation entfernt unter anaeroben Bedingungen den hohen Stickstoffanteil des Faulschlamms. In drei Schneckenpressen wird anschließend der Wassergehalt im Schlamm auf 72 bis 75 Prozent reduziert. Der 18 m lange, 4,7 m breite und 4,6 m hohe Niedertemperatur-Bandtrockner trocknet den in der ARA Tobl produzierten Klärschlamm zusammen mit den zugekauften Schlämmen auf einen Wasseranteil von 4 bis 8 %. Der Trockner reduziert somit Wassergehalt und Schlammmenge im Mittel um 77 %.

EXTRA TROCKEN
40 Container Klärschlamm à 12,5 to werden jede Woche auf dem NTT oberirdisch verarbeitet, in Summe rund die Hälfte des gesamten Klärschlamms aus ganz Südtirol. Im Jahr 2008 wurde der bis dahin eingesetzte Trommeltrockner durch einen Niedertemperatur Bandtrockner ersetzt. 14 Wochen dauerte der Systemwechsel. Während dieser Zeit wurde der nasse Schlamm aus der Kläranlage zur Deponie gebracht. Seit der Inbetriebnahme des NTT im Jahr 2008 läuft der Trocknungsprozess zur vollsten Zufriedenheit vom Betriebsleiter Wolfgang Kirchler. Der Niedertemperatur-Bandtrockner reagiert mit flexibler Drucksteuerung auf Schlämme mit unterschiedlich hohem Trockengehalt und liefert einen gesicherten Output mit über 90 Prozent Trockensubstanz. Das Endprodukt ist nahezu staubfrei, auf eine Pelletierung des Substrats kann verzichtet werden. Damit verbunden ist eine erhebliche Energieersparnis: Der Schlammauftrag liegt mit 2,9 t/h deutlich über der Planauslegung von 2,5 t/h. Auch die Wasserverdampfung mit 2,24 t/h anstelle von 2,0 t/h gemäß Auslegung übertrifft die Erwartung. Die gesicherte, hohe Trockensubstanz mit einem deutlich geringeren Wasserdampfgehalt im Output des Trockners spiegelt sich in dem entsprechend reduzierten Energieverbrauch der anschließenden Verbrennung wieder.

Maßgeblichen Anteil an der hohen Effizienz hat das eingesetzte Trocknerband PPS 5099 der GKD – GEBR. KUFFERATH AG. Über 36 Meter lang und 3,8 Meter breit, durchläuft es die drei zwischen 160 und 80 Grad Celsius heißen Trocknerzonen. Aus robusten Monofilen in 3/2Köperbindung gewebt, wird es speziell für diese Anwendung thermofixiert und verstreckt. Die glatte Oberfläche gewährleistet den guten Produktabwurf. Eine Randbeschichtung aus Kunststoff beugt Beschädigungen im Randbereich vor. Das 2,2 mm dicke Gewebe mit einem Gewicht von 1,20 kg/m² hält den hohen Flächenbelastungen dauerhaft stand. Mit einer Öffnung von 510 μm und 690 cfm Luftdurchlässigkeit ist es optimal auf den Trocknungsprozess abgestimmt. Der Werkstoff PPS gewährleistet absolute Formstabilität bei Temperaturen bis 200 Grad Celsius und ist bis zu einem pH-Bereich von 14 resistent gegen chemische Einflüsse.

REINE LUFT
Rund 75.000 kg Schlamm werden in der Kläranlage ARA Tobl täglich auf das Band aufgegeben. Eine Haspel verteilt den nassen Schlamm zu einer gleichmäßigen, 8 – 10 cm dicken Schicht. Die von zwei Umluftventilatoren erzeugte heiße Luft wird per Unterdruck durch den Kuchen gezogen und trocknet ihn so. Dabei bewegt sich das Band mit einer Geschwindigkeit von 0,4 bis 0,6 m/min vorwärts. Die abgekühlte und mit Feuchtigkeit gesättigte Luft trägt ein Abluftventilator über einen Sprühkonden­sator nach draußen. Dabei wird ein Großteil des geruchsintensiven Ammoniaks (NH3) herausgewaschen. Ein nachgeschalteter Biofilter aus aufgehacktem Wurzelholz reduziert das verbliebene NH3 von rund 50 ppm auf 0 ppm. Die Durchlaufzeit des Kuchens im NTT beträgt etwa 30 bis 50 min. Rund die Hälfte des Trockensubstrats befördern Schnecken zurück zum Trocknereingang, wo es dem nassen Schlamm beigemischt wird und diesen so bereits vortrocknet. Der tägliche Trockenoutput von 13.920 kg entspricht einer Gewichtsreduktion von rund 80 %. Im Trockenprozess verringert sich das Volumen je 100 m3 entwässertem Schlamm auf 31 m3 getrockneten Schlamm. Für Kirchler trägt das GKD-Band zu dieser guten Performance maßgeblich bei: „Der Trockner ist mit diesem Band gut zu steuern und arbeitet sehr zuverlässig. Trotz der hohen Flächenbelastbarkeit ist es außerordentlich luftdurchlässig.“ Auch mit dem Service von GKD ist man bei der ARA Pustertal AG sehr zufrieden. Kirchler erinnert sich noch gut: „Die Zusammenarbeit begann mit einer Bandreparatur, die unser bisheriger Partner nicht durchführen konnte. Für GKD war das damals kein Problem. Die Schnelligkeit und Kompetenz der Bandexperten hat uns überzeugt und seitdem arbeiten wir erfolgreich zusammen.“

RUNDE SACHE
Seit 2006 schließt die Kläranlage ARA Tobl den Schlammkreislauf durch eine nachgeschaltete thermische Verwertung. Über Schnecken wird das getrocknete Granulat in die Pyrolyse gebracht. Dort wird es ohne Sauerstoff erhitzt und das dabei entstehende Pyrolysegas in die Nachbrennkammer, den sogenannten Turaktor, geleitet und bei >850 Grad Celsius verbrannt. Durch hinzugefügten Sauerstoff verbrennt das Granulat im zweiten Anlagenbereich zu mineralisiertem Material. Das dabei entstehende Rauchgas wird ebenfalls im Turaktor verbrannt. „Durch die Verbrennung sparen wir jedes Jahr 2.200 to CO2 allein durch den Wegfall von 311.000 LKW-km ein“, rechnet Kirchler vor. Das Inertmaterial senkt zudem Gewicht und Volumen der Reststoffe nochmals drastisch: 25 kg getrockneter Schlamm ergeben 6,5 kg mineralisiertes Material, was einer Volumen­reduktion von 31 auf 12 m3 entspricht. Die bei der Verbrennung entstehende thermische Energie wird über Thermoöl-Wärmetauscher zum Betrieb des Trockners genutzt. Rund 45 % des täglichen Energieverbrauchs von 20.000 kw/h werden so heute bereits von der ARA Tobl selbst produziert. Dieser Anteil soll in den nächsten Jahren durch einen weiteren Gasmotor und die Erneuerung der Gastrasse auf 60 Prozent gesteigert werden – sofern das Land die entsprechenden Mittel dafür bewilligt. Auch eine höhere Energiegewinnung durch Co-Substrat-Ergänzung in den Faultürmen ist in der Überlegung. Als weiterer Optimierungsansatz wird die Rück­ge­winn­ung des 19-prozentigen Phosphoranteils im Inertmaterial erforscht.

BESTE AUSSICHTEN
Die mit 97 Prozent extrem hohe Anlagenverfügbarkeit des Niedertemperatur-Bandtrockners BDSLC I-RT-C-2.1 der Firma Andritz 3SYS mit dem PPS 5099 Trocknerband der GKD – GEBR. KUFFERATH AG unterstreicht die Effizienz der Trocknung. Für Betriebsleiter Wolfgang Kirchler, der seit dem Bau der Kläranlage ARA Tobl 1996 ihre zukunftsorientierte Ausrichtung konsequent vorangetrieben hat, stimmt die Summe der Vorteile: „Konstant über 90 % Trockensubstanz, weniger Energieverbrauch, staubfreie Endprodukte, minimaler Wartungsaufwand und maximale Betriebssicherheit bedeuten für uns Entsorgungssicherheit und gebotene Wirtschaftlichkeit.“

Unterm Strich also beste Voraussetzungen für die weitere energetische und klimaschonende Optimierung des in jeder Hinsicht außergewöhnlichen Klärwerks.

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