Trinkwassertechnik

Transportleitung bringt Wasser in eine der trockensten Regionen Österreichs7 min read

29. Jänner 2025, Lesedauer: 6 min

Transportleitung bringt Wasser in eine der trockensten Regionen Österreichs7 min read

Lesedauer: 6 Minuten

Die EVN Wasser GmbH setzt mit dem Bau einer 60 Kilometer langen Transportwasserleitung ein starkes Zeichen für die zukünftige Versorgungssicherheit im niederösterreichischen Waldviertel. Diese Infrastrukturmaßnahme dient dazu, die Wasserverfügbarkeit in der Region nachhaltig zu gewährleisten und auf kommende Herausforderungen vorbereitet zu sein.

EVN Waldviertel
Spatenstich für die Wasserleitung nach Zwettl
© EVN

Nicht ohne Grund wird Österreich für seinen Wasserreichtum in hoher Qualität beneidet: 80.590 km öffentliche Wasserleitungen wurden hierzulande errichtet und verteilen das kostbare Nass – das entspricht vier Mal der Luftlinie vom Nord- zum Südpol. Der Wasserbedarf beträgt ca. 320 Millionen m3 jährlich, laut Studien werde dieser bis 2050 auf 400 Millionen m3 steigen. Das Wasserdargebot werde auf 880 Millionen m3 pro Jahr geschätzt. Aber Wasser ist auch in Österreich nicht in allen Regionen gleichmäßig und in gleicher Qualität verfügbar. „Langfristig muss davon ausgegangen werden, dass die Grundwasserneubildung gerade im Osten Niederösterreichs tendenziell rückläufig sein wird“, erklärt Martin Angelmaier, Leiter der Wasserwirtschaftsabteilung beim Amt der Niederösterreichischen Landesregierung. „Nicht deshalb, weil es generell weniger regnet, sondern die Niederschlagsverteilung unterschiedlich ist und die Verdunstung zunimmt.“ Zwar sei die Wasserversorgung in Niederösterreich gesichert, jedoch sind die Grundwasserreserven und der Bedarf regional sehr unterschiedlich verteilt. „Deshalb ist es sehr wichtig, dass hier für einen regionalen Ausgleich gesorgt wird. Dafür brauchen wir überregionale Versorgungsstrukturen.“ Ein Leuchtturmprojekt dieser Art stellt die 60 km lange Transportleitung im Waldviertel dar. Um die Wasserversorgung in der Region langfristig abzusichern, errichtet EVN Wasser seit 2020 eine Wasserleitung zwischen Krems und Zwettl. Ab der Fertigstellung 2025 können bis zu 120.000 Einwohner im Waldviertel mit Trinkwasser durch EVN Wasser versorgt werden. Das Investitionsvolumen beträgt rund 50 Millionen Euro. Es handelt sich um das zweite Projekt in dieser Größenordnung: Bereits 2010 errichtete man eine 30 km lange Versorgungsleitung vom Weinviertel ins Waldviertel, die nun errichtete Leitung übertrifft diese in punkto Länge um das Doppelte. „Unser Ziel ist ein Trinkwasserversorgungsnetz zu schaffen, das regionale Ausfälle oder Trockenperioden kompensiert“, so EVN-Vorstandssprecher Stefan Szyszkowitz.

EVN Waldviertel
Die Stahlrohre wurden über teils mehrere hundert Meter vorgeschweißt und in einem Strang in der Künette abgesenkt.
© EVN

2. Bauabschnitt fertiggestellt
„Wir versorgen das gesamte Weinviertel, den nördlichen Teil des Waldviertels und südlich der Donau von St. Pölten bis zur ungarischen Grenze – überall dort, wo das Wasser von der Qualität und vom Umfang her nicht in ausreichendem Ausmaß vorhanden ist“, erläutert EVN-Vorstandsdirektor Stefan Stallinger. Das starke Rückgrat der Versorgung durch EVN Wasser bilden die Hauptbrunnenfelder. Eines davon befindet sich in Grunddorf/Donaudorf bei Krems und ist Startpunkt der neuen Versorgungsleitung in das traditionell grundwasserarme mittlere Waldviertel. Der zweite Bauabschnitt wurde 2024 erfolgreich fertiggestellt, der Hochbehälter Mittelberg mit einem Fassungsvermögen von 3.000 m3 ging ebenfalls 2024 in Betrieb und markierte den Abschluss des Projektabschnitts. Dieser ist einer von drei Hochbehältern entlang der Strecke, die einerseits mit insgesamt 9.000 m3 Trinkwasser eine Reserve bilden, andererseits als Vorlage für die Drucksteigerung dienen. Vom Brunnenfeld in Grunddorf bis Zwettl werden bis zu 450 Höhenmeter überwunden, die Hochbehälter sind deswegen mit Drucksteigerungsanlagen ausgestattet, um den kontinuierlichen Transport des Wassers sicherzustellen. Pro Sekunde können so bis zu 160 Liter Wasser gepumpt werden.

EVN Waldviertel
Auf weitläufigen Baufeldern kamen wegen ökonomischer Überlegungen sowie der für diese Gegebenheiten praktischeren Verlegeweise Stahlrohre in einem vorgeschweißten Strang zum Einsatz.
© EVN

Guss- und Stahlrohr: eine vorteilhafte Kombination
Im Rahmen des zweiten Bauabschnitts kommen 10,5 km Stahlrohre sowie 10,6 km Gussrohre zum Einsatz, die vom Tiroler Unternehmen Alpe Pipe Systems über einen Zeitraum von rund einem Jahr zuverlässig angeliefert wurden. Robuste Materialien und präzise Planung garantieren höchste Qualität und Langlebigkeit der Rohrleitung. Die Kombination der beiden Rohrmaterialien ergibt sich durch die jeweils unterschiedlichen Vorteile bei der Verlegeweise, wie EVN-Projektleiter Markus Eschelmüller erklärt: „Die Gussrohre wurden als 6 m lange Rohrteile geliefert, wodurch sich eine ‚kanalbau-mäßige‘ Bauweise ergibt, was bei einem geringen Baufeld klar im Vorteil ist.“ So arbeitete man sich unter anderem in den Weinbergen rund um Langenlois zwischen den Weingärten voran. Wohingegen Stahlrohre auf großen Baufeldern wesentliche Vorzüge haben. Die Rohrstränge werden bis zu einer Länge von einem Kilometer vorgeschweißt und auf einmal in die Künette abgesenkt, was zum Beispiel auf großen Baufeldern auf landwirtschaftlichen Flächen möglich war und sich als zeiteffizient erwies.

EVN Waldviertel
Zwischen den Weingärten entlang der Rohrtrasse sowie bei Gefällen verlegte man die für diese Verhältnisse bestens geeigneten Gussrohre.
© EVN

Maximale Langlebigkeit und Sicherheit
Von dem Standort im Tiroler Stams aus realisiert der österreichische Rohrspezialist Alpe Pipe Systems österreich- und europaweit anspruchsvolle Projekte im Rohrleitungsbau wie jenes im Waldviertel. Dabei setzt das Unternehmen auf ein innovatives System aus korrosionsbeständigen Vollschutzrohren aus hochwertigem Stahl und robustem Gusseisen – für maximale Langlebigkeit und Sicherheit des Leitungsnetzes. Dank des umfassenden Lagers, das rund um die Uhr einsatzbereit ist, sparen die Kunden teure Lagerkosten und profitieren von einer sofortigen Verfügbarkeit. Die enge und partnerschaftliche Zusammenarbeit mit führenden Lieferanten garantiert dabei nicht nur Produktqualität, sondern auch hohe Serviceleistungen. Ins Waldviertel lieferte Alpe Pipe Systems Stahlrohre mit PE-Umhüllung der Marke Mannesmann Line Pipe, die Gussrohre (Zink-Epoxid-umhüllt) stammen von vr Production (Duktus) GmbH, jeweils in der Dimension DN500, mit Druckstufen von PN16 bis PN25.

EVN WVA Waldviertel VAG Armaturen
Die Armaturen – wie hier im Hochbehälter Pallweis – im zweiten und dritten Bauabschnitt, bezog EVN Wasser über Alpe Pipe Systems beim Experten VAG.
© EVN

Zahlreiche Herausforderungen auf 60 km
Auf einer Baustellenlänge von 60 km hält der Untergrund so manche Herausforderung bereit. „Je nach Härte des Untergrundes heißt es sprengen, fräsen oder graben, um danach die neuen Rohre verlegen zu können“, so Leiter Markus Eschelmüller. Pro Tag werden so bis zu max. 150 m Gussleitung und bis zu 1.500 m Rohrstränge aus Stahl abgesenkt. „Wir haben so gut wie jedes Verfahren angewendet: Hori­zontal- und Spülbohrungen, offene und geschlossene Gewässerquerungen sowie Leitungsverlegung mittels Verlegepflug.“ Für die Grabungs- und Verlegearbeiten der Baulose 2 und 3 zeichnet das renommierte Bauunternehmen Leyrer + Graf Baugesellschaft m.b.H mit Unternehmenssitz in Gmünd verantwortlich.Schon vorhandene Infrastruktur musste selbstverständlich berücksichtigt werden: „Wir hatten Querungen von Bahngleisen, Schnell- und Landstraßen, Gewässern sowie Gaspipelines“, zählt der Projektleiter auf. Bei der Querung letzterer wurde aufgrund von auftretenden Streuströmen und der damit einhergehenden Korrosionsgefahr auf Gussrohr mit PUR-Beschichtung gesetzt. Die integrale PUR-Umhüllung von 0,9 mm Dicke bietet einen Vollschutz als elektrisch isolierendes System inklusive Schubsicherungen. Der Vollschutz ab Werk wird sofort nach der Rohrmontage aktiviert, ohne weitere Nacharbeiten durch den Verleger.

EVN Waldviertel
Zwischenlager von Leyrer + Graf im Weinbaugebiet von Gobelsburg, auf dem die Gussrohre zwischengelagert und anschließend zur Einbaustelle gebracht werden.
© Leyrer + Graf

Umfangreiche Vorarbeiten für den Naturschutz
Rückblickend sieht Markus Eschelmüller die umfangreiche Vorarbeit als seine größte Aufgabe bei der Realisierung der Transportleitung. „Sobald der Bagger auf der Baustelle steht, ist das Projekt quasi abgeschlossen“, scherzt der Leiter. Der schönere Teil sei für ihn das Bauen, doch bevor die ersten Maschinen auf der Baustelle aufgefahren sind, mussten Bescheide erwirkt und Behördengänge abgeschlossen werden. Aufwendig wurde die Planung auch durch die Trassenführung durch mehrere Natura­ 2000-Gebiete, wobei streng auf den Artenschutz geachtet werden musste. Um die heimische Fauna weitestgehend vor der Bautätigkeit zu schützen, wurden entlang der Baustelle unter anderem die dort lebenden Ziesel und Smaragdeidechsen – eine der seltensten Reptilienarten Österreichs – vergrämt. Rund um das Baufeld wurde ein Amphibienzaun angebracht und die dort gefundenen Tiere in sicheren Abstand ausgesetzt. Das Baufeld in den Gewässern wurde nur außerhalb der Laichzeit errichtet und im Vorfeld elektrisch abgefischt – die Fische sowie eingesammelte Muscheln anschließend flussaufwärts verbracht. Auch Rodungen wurden nur in einem gewissen Zeitraum durchgeführt, ökologisch wertvolle Bäume mussten bestehen bleiben, da sie als Nistplatz oder Lebensraum für Vögel und Fledermäuse dienen.

3. Bauabschnitt hat begonnen
Mithilfe gründlicher Vorarbeit blickt man kurz vor Abschluss des zweiten Bauabschnitts auch der erwarteten ebenso reibungslosen Durchführung des dritten Bauloses entgegen – und damit der Beendigung des Großprojekts. Für diesen Abschnitt konnte Alpe Pipe Systems erneut den Zuschlag für die Lieferung der erforderlichen Stahl- und Gussrohre gewinnen. Insgesamt werden hier ebenfalls wieder durch die Leyrer + Graf Baugesellschaft 17,2 km an Rohrleitungen verlegt, davon 11 km in Stahl und 6,2 km in Gusseisen. So wird ein weiterer Meilenstein in der Umsetzung dieses zukunftsweisenden Projekts erreicht, das langfristig zur Sicherstellung der Wasserversorgung im Waldviertel beiträgt.

Erschienen zek KOMMUNAL, Ausgabe 4/2024

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