Ausbau der Trinkwasserversorgung für von Trockenheit geplagte Regionen im Waldviertel5 min read
Lesedauer: 4 MinutenEine massive Trockenheit zeichnet sich im niederösterreichischen Waldviertel seit Jahrzehnten ab und stellt ein großes Problem dar. Was besonders drastisch im Hitzesommer 2015 gipfelte,…
… als 400.000 Liter Trinkwasser pro Tag mit Tankwägen geliefert werden mussten, weil die Trinkwasserversorgung den Bedarf nicht mehr decken konnte. Dieser Entwicklung, die sich durch den Klimawandel noch zusetzlich verstärken wird, begegnet man mit einer 63 km langen Transportleitung. Diese wird ab 2025 die Trinkwasserversorgung der Bezirke Zwettl, Gmünd und Waidhofen an der Thaya sicherstellen, der erste von drei Bauabschnitten schreitet derzeit voran.
Der erste große Schritt ist getan, damit künftig keine Tankwägen Trinkwasser mehr in die Gemeinden des Waldviertels bringen müssen. Der niederösterreichische Trinkwasserversorger EVN Wasser errichtet bis 2025 eine 63 km lange Trinkwasserleitung von Krems nach Zwettl. Diese regionale Leitung soll in der Trinkwasserversorgung der Bezirke Zwettl, Gmünd und Waidhofen an der Thaya Sicherheit schaffen und Situation wie 2015 verhindern, als 400.000 Liter Wasser am Tag ins Waldviertel befördert werden mussten. Bei der Erhebung zur Trinkwassersicherung in Niederösterreich 2013 wurden unter Berücksichtigung bestehender Versorgungsstrukturen und der Nähe zu überregionalen Transportleitungen zwei Regionen im Bundesland identifiziert, wo bei länger anhaltender Trockenheit Versorgungsengpässe auftreten können, und wo daher besonderes Augenmerk auf die zukünftige Sicherstellung der Wasserversorgung zu legen ist. Eine dieser Regionen ist das mittlere Waldviertel. In dieser Region sind aufgrund der geringen Erschrotbarkeit und fehlender Bodenspeichervolumina lokale Quantitätsprobleme zu befürchten. Diese werden durch den Klimawandel weiter verstärkt. Durch den Anstieg der Temperaturen und die Veränderung der Regenintensität mit schnell abfließendem Starkregen in den letzten Jahren verstärkte sich die Problematik der Trinkwasserversorgung in einigen Gemeinden bereits drastisch. Durch die prognostizierte Veränderung des Klimas in der Region wird diese Problematik weiter zunehmen. „Wir wissen, dass wir über die nächsten Jahrzehnte wahrscheinlich genug Trinkwasser haben, nur haben wir es nicht überall in gleichem Maße“, erläutert EVN-Vorstand Franz Mittermayer. Die Verteilung in den Regionen sei deshalb ein wesentliches Thema: „Mit unseren Transportleitungen erfüllen wir genau diese Aufgabe.“ Zeugnis dieser Dringlichkeit gibt etwa der rund 1.400 Einwohner zählende Ort Rastenfeld – dabei handelt es sich auch um die erste Gemeinde, die sich entschlossen hat, über die neue Leitung Wasser zu beziehen. Im Frühjahr 2020 musste sich Bürgermeister Gerhard Wandl an die Bevölkerung wenden: „Wir haben die Bürger aufgefordert, Wasser zu sparen.“ Durch die Corona-Krise waren zu dem Zeitpunkt verfrüht bereits viele Zweitwohnsitzer in die Gemeinde gekommen, dadurch resultierte ein Wasserverbrauch wie an Sommertagen. Gespart werden musste beim Rasen gießen und Einlassen der Pools. 2022 wird Rastenfeld an die EVN-Leitung angeschlossen, die eigenen Brunnen bleiben erhalten. EVN Wasser-Geschäftsführer Franz Dinhobl bezeichnete den Ausbau als „epochale Entscheidung für die niederösterreichische Infrastruktur“, der einen Lückenschluss für die Wasserversorgung im Waldviertel darstelle. Neben geringem Niederschlag treibt auch die Tatsache, dass sich immer mehr Gemeinden an das EVN-Netz angeschlossen haben, den Verbrauch in die Höhe.
Abwanderungen durch mangelhafte Trinkwasserversorgung drohen
Eine qualitativ hohe Trinkwasserversorgung hat auch einen entscheidenden Einfluss auf die demografische Entwicklung einer Region. Gibt es keine ausreichende Versorgung mit Trinkwasser wird die Gemeinde nicht mehr als geeigneter Wohnstandort betrachtet, und es kommt zu Abwanderungen bzw. keinen Neuansiedelungen. Das sieht man auch in Zwettl, einer jener von Wasserknappheit betroffenen Waldviertler Gemeinden so. „Gerade in einer Zeit, in der Hausbrunnen immer unsicherer werden, ist es wichtig, eine entsprechende Wasserversorgung zu haben. Auch wie sehr eine Gemeinde florieren kann, hängt vom Wasser ab“, führt Zwettls Bürgermeister Franz Mold aus. „Baulandwidmungen können nur dann genehmigt werden, wenn Wasserproben vor Ort in entsprechender Qualität vorhanden sind.“ Der Bau der 63 km langen Leitung ist mit einem Spatenstich beim Zwettler Stadtsaal im Juli 2020 gefallen.
Stabile Wasserversorgung dank stabilen Gussrohrleitungen
Der Beginn des verdichteten Trinkwassernetzes und der neuen Leitung liegt im Brunnenfeld im Bezirk Krems, wo man über große Grundwasservorkommen verfügt und endet in Zwettl. So können nach Abschluss der Arbeiten im Jahr 2025 bis zu 120.000 Einwohner des Waldviertels sorgenfrei mit frischem Trinkwasser versorgt werden. Um die Arbeiten bestmöglich abzuschließen, wurde der Bau in drei Lose aufgeteilt, wobei das erste Los vom Knoten Zwettl zum Hochbehälter Pallweis über eine Länge von 24 km führt. Damit das Trinkwasser nichts an Qualität verliert, hat sich die EVN für die hochwertigen Leitungen der Tiroler Rohre GmbH entschieden. Dabei werden gut 20 km Rohre mit der bewährten PUR-Longlife-Beschichtung und knapp 4 km mit der innovativen ZMU-Austria-Beschichtung, jeweils in Nennweiten von DN400, verbaut. Dank der hohen mechanischen Belastbarkeit der Zementmörtelbeschichtung der ZMU-Rohre ist kein spezielles Bettungsmaterial erforderlich, in der Regel kann das Aushubmaterial als Füllmaterial verwendet werden. Durch die Rückführung des originären Aushubmaterials bleibt die natürliche Bodenstruktur am Standort erhalten. Ein Punkt, der bei umweltrelevanten Fragestellungen seine Wichtigkeit hat. Der Tiroler Hersteller konnte zudem durch die bewährte schub- und zugsicher VRS-T Verbindung der Rohre punkten. Die Bauarbeiten werden von der Firma Gebrüder Haider & Co. Hoch- und Tiefbau GmbH ausgeführt. Besondere Herausforderungen bei diesem Projekt stellen die Querung von Gewässern, wie zum Beispiel des Flusses Kamp, oder die Arbeit in Naturschutzgebieten dar. Gerade in den Naturschutzgebieten ist ein besonders schonender Eingriff in die Landschaft gefordert. Auch wenn das beim Anblick der verwendeten Gerätschaft vielleicht nicht den Eindruck macht, wurde darauf besonders hohes Augenmerk gelegt: „Was aussieht wie ein galaktisches Werkzeug, ist Teil unseres ‚Verlegetrupps‘“, erzählt EVN Wasser Projektleiter Markus Eschelmüller. „Je nach Härte des Untergrundes heißt es sprengen, fräsen oder graben, um danach die neuen Wasserleitungsrohre verlegen zu können.“ Pro Tag werden so ca. 100 m Leitungen verlegt. Die Rohre der Transportleitung haben einen Durchmesser von 43 cm und eine Länge von 5 m. Durch die schnelle und effiziente Art der Verlegung und durch den Einsatz von modernen Baugeräten, dauern die einzelnen Bauabschnitte nur sehr kurz. „Der erste Bauabschnitt von Zwettl bis Lichtenau im Waldviertel mit einer Länge von 24 km soll im Herbst 2022 fertiggestellt werden“, berichtet der Projektleiter.
Trockenperioden zukünftig kompensieren
„Durch die Verbindungsleitung zwischen der Region Krems und dem Bereich Zwettl werden die Kapazitäten der Wasserversorgung im Waldviertel weiter erhöht. Unser Ziel ist ein Trinkwasserversorgungsnetz zu schaffen, das regionale Ausfälle oder Trockenperioden kompensiert“, so EVN Vorstandsdirektor Franz Mittermayer. Neben der bereits errichteten Verbindungsleitung aus dem Weinviertel und den regionalen Trinkwasserbrunnen wird mit der neuen Versorgungsleitung ein weiteres Standbein zur sicheren Versorgung der Bezirke Zwettl, Gmünd und Waidhofen/Thaya geschaffen.
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