Abgehoben: das Heizwerk von Hof punktet mit Hängekran und weiterer innovativer Technik6 min read
Lesedauer: 4 MinutenWie in einer kleinen Gondel gleitet Thomas Höfner durch die Luft. Doch statt einer verschneiten Hügellandschaft breiten sich unter dem schwebenden Gerät kleine Berge aus Hackschnitzel aus.
Und statt eines blauen Himmels erstreckt sich über ihm eine hölzerne Decke. Wir befinden uns im neuen Heizwerk in Hof, zu bestaunen gibt es hier unter anderem eine extravagante Holzbeschickungsanlage, die vom Obmann der Heizgenossenschaft Hof bedient wird. Man verzichtete auf die konventionelle Lagerbeschickung und -entnahme, die meist mit Fahrzeugen – beispielsweise Radlader, Teleskoplader oder Schubboden-Lkw – erfolgt. Stattdessen entschied man sich für eine alternative Hackgutbeschickung per an der Lagerhallendecke installierten Drehkran, der auf Schienen rasch durch die Halle gleitet und mittels Teleskoparm auch noch die entferntesten Ecken erreicht. Die Holzanlieferungen können entweder direkt am zur Heizanlage führenden Schubboden abgeladen werden oder bei überschüssigen Mengen in das Hackschnitzellager. Das großteils aus der Region stammende Heizmaterial wird dann bei Bedarf vom Hängekran auf den Schubboden gelegt.
Schwierige Suche nach geeignetem Standort
Der schwebende Drehkran ist die augenscheinlichste Innovation beim Heizwerk in Hof bei Salzburg. Doch die Biomasseanlage kann mit vielseitigen technischen Neuerungen aufwarten. Denn seit ihren Anfängen konnte die 1987 gegründete Heizgenossenschaft Hof ihr Netz stark expandieren und ihre Leistung optimieren. Diese Verbesserungen gingen mit einem Standortwechsel einher. Bis vor kurzem wurde noch vom Keller der örtlichen Hauptschule aus geheizt. Seit längerem war man erfolglos auf der Suche nach einem neuen Standort, da die Räumlichkeiten in der Hauptschule sehr beschränkt waren und bei entsprechender Witterung nahezu wöchentlich Hackgutlieferungen notwendig waren. Ein Umstand, der auf Dauer nicht mehr tragbar war. Doch die neue Standortsuche gestaltete sich wie so oft bei Biomasseheizwerken als größte Herausforderung bei der Realisierung: Denn zum einen muss die Akzeptanz der Anrainer gegeben sein, zum anderen müssen sich in der unmittelbaren Umgebung Wärmeabnehmer befinden, damit es zu nicht allzu großen Energieverlusten durch zu lange Transportleitungen kommt. Auch die Autorisierung der Leitungsverlegung war ein Thema, da auf Grundstücksgrenzen geachtet werden musste. Nachdem ein erster potenzieller neuer Standort innerhalb Hofs unter anderem durch die ablehnende Haltung der Bewohner nicht mehr in Frage kam, lokalisierte man ein alternatives Grundstück: Weit genug entfernt vom Ortskern, um keine Bewohner mit Lärm zu belästigen, und nah am Ortsanfang, womit keine zu großen Netzverluste gegeben sind. Die stark befahrene Einfallstraße nach Hof überdeckt außerdem den Geräuschpegel der Heizanlage.
planung ging zügig voran
Nach der Fixierung des Standorts und der Gewinnung neuer Wärmekunden konnten im Winter letzten Jahres die Planungen voranschreiten. „Sehr gefreut hat es uns, dass wir für die Projektleitung und Planung das Team der nahwärme.at für uns gewinnen konnten“, berichtet Thomas Höfner, Heizwerkbetreiber und Obmann der Heizgenossenschaft Hof. „Da die Planung sehr umfangreich und teilweise komplex ist, war es für uns sehr wichtig, hier einen erfahrenen Partner zur Seite zu haben. Es ist wirklich eine gelungene Kooperation im Sinne einer nachhaltigen und umweltfreundlichen Wärmeversorgung der Region.“
Nach dem Bewilligungsverfahren und der Finanzierungszusage konnte Anfang März, gleich nachdem die letzten winterlichen Schnee- und Eisreste wegtauten, mit dem Leitungsbau begonnen werden. Hier war erste Priorität der Teilabschnitt entlang der in den Ort führenden Bundesstraße, da in diesem Bereich nach Ostern eine Generalsanierung anstand und hier nicht gleichzeitig eine weitere Baustelle bestehen durfte. Die Straßenbaustelle allein sorgte für wochenlange Staubildungen, eine weitere Verkehrsbehinderung wäre in der in den Frühlings- und Sommermonaten stark frequentierten Strecke zwischen Salzburg und dem Salzkammergut nicht tragbar gewesen. So war gute Organisation gefragt: Durch die Sanierung der Bundesstraße mussten manche Arbeiten beim Leitungsbau vorgezogen werden. Der anhaltende Stau war auch Grund für kurzweilige Verzögerungen beim Heizwerk: So konnte beim Erdbau der Aushub wegen des Verkehrschaos nicht wegtransportiert werden. Doch trotz der widrigen Umstände konnte das Heizwerk mit Mitte Oktober, also pünktlich zur startenden Heizsaison, geöffnet werden.
Verdoppelte Leistung
Die neue Biomasseanlage in Hof verdoppelt das Fernwärmeangebot in Hof: Die jährliche verkaufte Wärmemenge lag zuvor im Schnitt bei ca. 1,7 GWh, heute liegt die Anschlussleistung bei ca. 2.400 kW und die jährliche Wärmeabgabe sollte dann bei ca. 3,9 GWh sein, was einem Heizölbedarf von ca. 490.000 Liter entspricht. Mittlerweile werden 34 Objekte, einige Wohnanlagen und Wohnhäuser, mehrere Gewerbebetriebe sowie einige öffentliche Bauten mit Wärme versorgt. Zwei moderne Kesselanlagen vom Schweizer Hersteller Schmid Energy Solutions mit 1.400 kW und 300 kW sorgen nun für ausreichend Heizleistung, wobei der 300 kW Kessel den Sommerbetrieb gewährleisten soll. Eine wesentliche Verbesserung gegenüber der alten Anlage, die nur einen Hackschnitzelofen hatte, der zu leistungsstark für den Sommerbetrieb war. So wurde in den warmen Monaten mit Öl geheizt, was die Abgaswerte in die Höhe trieb. Neben der hohen Qualitätsstandards entschied man sich für den Schweizer Anbieter auch deshalb, weil er beide Kesselklassen in seinem Programm hatte. „Die meisten Hersteller bieten nicht beide von uns gewünschten Kesselgrößen an – wir wollten aber nur einen Ansprechpartner für beide Öfen haben“, erklärt der Betreiber die Entscheidung.
Mehr Energieausbeute dank Rauchgaskondensationsanlage
Eine Rauchgaskondensationsanlage des oberösterreichischen Herstellers Heger Edelstahl sorgt zudem für höchste Effizienz und saubere Abluft. Der bei der Verbrennung von feuchter Biomasse hohe Wärmeinhalt der Abgase geht häufig ungenutzt als Verlust in die Umgebung. Gelingt es durch eine entsprechend ausgelegte Wärmerückgewinnungsanlage, das Rauchgas unter den Rauchgastaupunkt abzukühlen, so können daraus beträchtliche Wirkungsgradsteigerungen erzielt werden. Je niedriger der Rest-Sauerstoffgehalt und je höher der Brennstoffwassergehalt, desto höher der erzielbare Wirkungsgrad. Derzeit liegt die Rücklauftemperatur bei 55 Grad. Dieser Wert soll nach anfänglichen Justierungen aber auf unter 50 Grad gesenkt werden. „Wir sind – vor allem für unsere Größe – technisch top ausgestattet“, erläutert Thomas Höfner. „Durch die Wärmerückgewinnungsanlage haben wir einerseits mit den Abgaswerten kein Problem – wobei kein Elektrofilter benötigt wird –, andererseits haben wir eine bessere Energieausbeute.“
Effizienz in allen Bereichen
Die verbleibende Asche wird nicht entsorgt, sondern soll zukünftig wiederverwendet werden – als Dünger. Nachdem aus der Asche Fremdkörper wie Steine, Nägel und dergleichen entfernt wurden, kann sie auf den Feldern in der Umgebung ausgebracht werden. „Asche ist ja ein Rohstoff und kein Abfall“, erläutert Thomas Höfner. Im Heizwerk wird die Asche gesiebt und in Feinasche und Grobasche aufgeteilt. Auch bei der Fernwärmeleitung war hohe Effizienz sehr wichtig, so wurde die Transportleitung teilweise in moderner Doppelrohrtechnik ausgeführt. Statt wie normalerweise üblich aus zwei isolierten Leitungen für den Heizungsvorlauf (ca. 90°) und den -rücklauf (ca. 50°) bestehend, sind diese beiden Rohre beim Fernwärmenetz in Doppelrohrtechnik in einer Isolierung vereint, um die Abstrahlverluste zu verringern. Das gelingt durch die im Vergleich zum konventionellen Aufbau viel kleinerer Oberfläche. Insgesamt wurden 1.750 m Fernwärmeleitung neu verlegt. Einige neu dazugewonnene Objekte mussten bis zur Anbindung der neuen Fernwärmeleitung mit mobilen Heizcontainer versorgt werden, welche dann aber nach und nach abgebaut wurden.
Erweiterung des Netzes in Planung
Die ersten Wochen der Heizsaison sind zufriedenstellend abgelaufen, bereits jetzt denkt man über das Erweiterungen des Netzes nach: Neben dem Ortskern könnte das neben dem Heizwerk beginnende Industriegebiet versorgt werden. Potenzial für eine weitere Versorgung mit umweltfreundlicher Energie wäre bei der neuen Biomasseanlage gegeben.
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