Bioenergie Hausmannstätten:aus Holzabfall wird Nahwärme
Aus Restholz Wärme machen – was simpel klingt, steckt in der Umsetzung voller Herausforderungen. Als Inhaber einer Tischlerei sowie einer Zimmerei kam Robert Riedisser der Gedanke, die im Betrieb anfallenden Holzreste bestmöglich thermisch zu verwerten. Mittlerweile sind aus der ersten Idee zwei Biomasseheizwerke entstanden. Heute versorgt die Bioenergie Hausmannstätten hunderte Haushalte im Speckgürtel von Graz mit umweltfreundlicher Nahwärme und zeigt, wie regionale Initiativen mit Weitblick die Energiewende vor Ort entscheidend mitgestalten können.
Was macht man, wenn im eigenen Betrieb regelmäßig Restholz anfällt? Für die Familie Riedisser in Hausmannstätten war die Antwort naheliegend: Man nutzt die Ressource, um Wärme zu erzeugen. Und so entstand 2012 das erste Biomasseheizwerk im Ort – geboren aus dem pragmatischen Gedanken, anfallende Holzreste der Tischlerei der Karma-Gruppe bestmöglich thermisch zu verwerten, getragen von viel Idealismus und einem hohen Maß an Eigeninitiative. „Es war nie ein reines Investitionsprojekt, sondern etwas, das wir aus Überzeugung machen“, betont der Initiator und Betreiber Ing. Robert Riedisser. Dass das Heizwerk heute mehr als nur eine technische Anlage ist, zeigt sich daran, dass die gesamte Familie eingebunden ist: Die Ehefrau, drei der vier Kinder und langjährige Wegbegleiter wie Gerfried Wagner, ein für die Technik zuständiger Mitarbeiter, tragen das Projekt mit.
Herausfordernder Start des Biomasseprojekts
Der Weg dorthin war alles andere als einfach: Ursprünglich sollte im steirischen Hausmannstätten eine Nahwärmeversorgung durch eine Genossenschaft aus Landwirten und regionalen Partnern entstehen, doch die Pläne scheiterten. Schließlich übernahm Robert Riedisser gemeinsam mit seinen Mitstreitern das Projekt – eben mit der Idee, das im eigenen Betrieb anfallende Restholz nicht als Abfall, sondern als wertvolle Ressource für eine umweltfreundliche Wärmeversorgung zu nutzen. In Rekordzeit errichteten sie das erste Werk, das im September 2012 ans Netz ging. Die ersten Jahre waren von viel Idealismus, aber auch Skepsis geprägt. Förderungen spielten im Netzausbau eine entscheidende Rolle: Als attraktive Bundesförderungen von bis zu 15.000 Euro pro Anschluss eingeführt wurden, stieg die Nachfrage nach Fernwärme merklich an. Heute ist die Bioenergie Hausmannstätten etabliert, doch die Abhängigkeit von Förderprogrammen bleibt eine Herausforderung – ein Dauerthema für kleine, private Versorger.

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Ausbau mit Vision: Werk II
Der Erfolg des ersten Heizwerks führte vor einigen Jahren an die Kapazitätsgrenzen. Die Nachfrage überstieg die Möglichkeiten, neue Bauprojekte wollten angeschlossen werden – schließlich gehört Hausmannstätten zum wachsenden Speckgürtel von Graz. So entstand die Idee für ein zweites Werk, das seit Februar in Betrieb ist. Mit einer Kesselleistung von insgesamt 4.000 kW liefert das Werk II rund 12.000 MWh Wärme pro Jahr. Zusammen mit Werk I (1.500 kW Kesselleistung) werden 16.500 MWh erreicht. Damit werden jährlich über zwei Millionen Liter Heizöl substituiert und rund 5.100 Tonnen CO2 eingespart – ein beachtlicher Beitrag zum Klimaschutz und zur regionalen Energiewende.

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Technik auf modernstem Stand im Biomasseheizwerk Hausmannstätten
Die Biomassekessel stammen von Binder Energietechnik. Ergänzt werden sie durch einen Ausfallkessel auf Basis von
HVO-Öl aus dem Hause Hoval, ausgestattet mit Brennern von ELCO Austria. Bei Wartungsarbeiten oder Störungen im Heizwerk sorgt der Ausfallkessel für zusätzliche Versorgungssicherheit. Gemeinsam mit dem Pufferspeicher stellt die Bioenergie Hausmannstätten so eine durchgehende und zuverlässige Wärmeversorgung für alle KundInnen sicher. Außerdem gleicht der zentrale Pufferspeicher Bedarfsspitzen aus und sorgt für stabile Temperaturen. Moderne Filtertechnik von Scheuch sorgt dafür, dass die Emissionen weit unter den Grenzwerten liegen. „In unseren beiden Heizwerken werden die Abgase, die bei jeder Verbrennung entstehen, aufwändig gereinigt und über Filter ‚geschossen‘ – zugunsten der Umwelt“, erläutert Robert Riedisser. Die bei der Verbrennung entstehenden Rauchgase werden durch moderne Filtersysteme gereinigt und Feinstaub deutlich reduziert. Aus dem Kamin entweicht dadurch hauptsächlich schadstofffreier Wasserdampf. Die Fernwärmeleitungen des 5 km langen Nahwärmenetzes wurden von INTEGRAL Montage und Anlagentechnik verlegt und verschweißt; Rohrmaterial liefern SHT Haustechnik sowie RK Infra. Für den reibungslosen Betrieb sind zudem Pumpen von Wilo sowie Wechselrichter von Fronius integriert. Auch die elektrotechnische Einbindung stammt direkt von den Kessellieferanten – Binder auf der Kesselseite, Hoval für das Wärmenetz.

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Starke Partnerschaften für die Wärmeversorgung
Eine besondere Rolle nimmt Hoval ein. Neben der Bereitstellung des HVO-Ölkessels als Ausfallsicherheit ist das Unternehmen seit Beginn Partner für die Übergabestationen und die Netzsteuerung. Jeder Abnehmer erhält eine Hoval-Fernwärmestation, die sich nahtlos ins zentrale Leitsystem einfügt. „Wir können sämtliche Stationen aus der Ferne überwachen und steuern – bis hin zur Störungsmeldung oder Verbrauchsvisualisierung“, erklärt Robert Riedissers Tochter Anna, die die Bioenergie Hausmannstätten gemeinsam mit ihren Geschwistern in zweiter Generation betreibt. Für die Kunden bedeutet das Komfort und Transparenz, für das Unternehmen Sicherheit und Effizienz. Die Zusammenarbeit mit Hoval wird von allen Seiten als partnerschaftlich und verlässlich beschrieben – geprägt von Handschlagqualität und Kontinuität.

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Herausforderungen für kleine Nahwärmeversorger
Verheizt werden in den Biomassekesseln Hackschnitzel, die zum Teil aus den Restholzabfällen des eigenen Betriebs stammen, zum Großteil jedoch von Bauern aus der unmittelbaren Umgebung geliefert werden. So bleibt die Wertschöpfung in der Region. Für die Betreiber ist das weit mehr als nur ein wirtschaftlicher Aspekt: Kurze Transportwege stärken die Nachhaltigkeit und machen die Versorgung unabhängig von globalen Schwankungen. „Jährlich werden über 120.000 Tonnen Hackschnitzel aus einem Umkreis von maximal 50 km eingesetzt. Für kurze Transportwege, reduzierte Emissionen und eine zuverlässige, nachhaltige Wärmeversorgung“, so Anna Riedisser. Auch im Betrieb spürt man die Nähe – Störungen werden meist von den Betreibern selbst behoben, oft persönlich vor Ort und ohne zusätzliche Kosten für die Kunden. Doch die Vorteile der kurzen Wege haben auch eine Kehrseite: Kleine Energieversorger wie die Bioenergie Hausmannstätten verfügen nicht über die Strukturen großer Konzerne. Aufwändige Genehmigungsverfahren, zusätzliche Auflagen wie Hochwasser- oder Lärmschutz sowie hohe Gutachterkosten treffen sie daher besonders hart. So bedeutete der Bau des zweiten Werks Mehrkosten von über einer Million Euro und eine Verzögerung von mehr als einem Jahr.

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Biomassewärme mit Zukunft
Heute versorgt die Bioenergie Hausmannstätten rund 200 Abnehmer – von Einfamilienhäusern bis zu großen Wohnanlagen. Das entspricht in Summe etwa 700 Haushalten. Und die Nachfrage steigt weiter: Durch verdichtetes Bauen und neue Siedlungen wird sich das Wärmenetz auch künftig erweitern. Auch neue Ideen sind im Gespräch – etwa die Nutzung von Pyrolyseverfahren oder die Einspeisung zusätzlicher Abwärme. Für die Betreiber bleibt aber entscheidend: Die Versorgung soll zuverlässig, umweltfreundlich und fair bleiben. Damit ist die Bioenergie Hausmannstätten ein Beispiel dafür, wie regionale Initiativen trotz Hürden einen wichtigen Beitrag zur Energiewende leisten. Trotz aller Herausforderungen bleibt die Familie überzeugt vom eingeschlagenen Weg wie Robert Riedisser verdeutlicht: „Es ist ein tolles Projekt, vielleicht das schönste in meiner ganzen Laufbahn. Wir machen das nicht, um kurzfristig Gewinne zu erzielen, sondern weil es nachhaltig Sinn macht – und weil es eine Energieversorgung mit Zukunft für unsere Gemeinde bedeutet.“
Erschienen in zek KOMMUNAL, Ausgabe 3/2025