Wärme- & Energieversorgung

HKW nach Brand wieder aufgebaut6 min read

18. Dezember 2013, Lesedauer: 4 min

HKW nach Brand wieder aufgebaut6 min read

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Mit einem Investitionsvolumen von 7,5 Millionen Euro wurde das durch einen Großbrand zerstörte Heizkraftwerk Toblach Innichen „FTI“ wieder aufgebaut und erweitert.

Damit ist die Versorgung der Gemeinden Toblach und Innichen im Südtiroler Pustertal wieder gewährleistet. Am 3.März 2012 in den frühen Morgenstunden erhielt der sich im Dienst befindliche Bereitschaftsangestellte des Heizkraftwerkes in Toblach eine Störungsmeldung. Bereits auf dem Weg zum Betriebsgebäude waren meterhohe Rauchschwaden sichtbar, so der Angestellte. Das Heizkraftwerk stand in Brand, und ein Großalarm wurde in der Region ausgelöst. Insgesamt sieben Feuerwehren des oberen Pustertales rückten aus. Ein 10 MW Heizkessel und beträchtliche Teile des Gebäudes und der Heizanlage wurden komplett zerstört. Ein Lagerdefekt der Thermoölpumpe und der dabei entstandene Funkenflug wurde später als Ursache des Brandes ermittelt.

GLÜCK MIT DEM ZEITPUNKT DES BRANDES
Der Ausfall eines Heizwerkes in den Wintermonaten, das zwei Orte fast komplett mit Fernwärme versorgt, wäre mit einem massiven finanziellen Schaden und den daraus resultierenden Unannehmlichkeiten für die Bevölkerung und den Tourismus einhergegangen. „Wir hatten Glück, dass der Brand am Ende der Heizsaison passierte“, so Enes Hamidovic, Betriebsingenieur des Heizkraftwerkes und Inhaber der Planungsfirma Enpro. Außerdem konnte noch ein wichtiger Teil des Fernheizkraftwerkes Toblach gerettet und somit die Versorgung mit Fernwärme während des Wiederaufbaus garantiert werden. Der Grund dafür liegt in der Geschichte und dem daraus resultierenden Aufbau des Heizkraftwerkes. Denn: Das Fernheizwerk wurde im Jahr 1995 ursprünglich mit dem Plan errichtet, die Gemeinde Toblach mit Fernwärme zu versorgen. Das Heizhaus stattete man mit zwei Kesseln zu je 4 MW aus. Schnell wurde der Raum Toblach erschlossen und so entschied man sich 1999, auch die Nachbargemeinde Innichen ans Fernwärmenetz anzuschließen. Mit einem Fernwärmepreis von 7 ct/kWh lag man deutlich unter dem Preis für Heizöl und so wurde das Projekt auch in Innichen alsbald ein voller Erfolg. Der Energiebedarf stieg dementsprechend rapide an, und als Folge dessen wurde 2003 ein dritter Heizkessel mit 10 MW Leistung und ein ORC-Modul in einem zweiten Heizhaus installiert und in Betrieb genommen. Das Fernheizwerk wurde zum Fernheizkraftwerk mit zwei getrennten Heizhäusern. Beim Brand im Jahre 2012, der im zweiten Heizhaus ausbrach, konnte man das erste Heizhaus vor der Zerstörung retten. Dadurch konnte der komplette Energiebedarf in der Bauzeit mit dem älteren Heizhaus überbrückt werden. Lediglich bei einigen Spitzen musste man auf Heizöl zurückgreifen.

ZEITDRUCK BIS ZUR NÄCHSTEN HEIZSAISON
In Krisen sollte man, so ein Grundsatz aus dem Management, schnell und entschieden handeln. Dies war in Toblach aufgrund der wenigen Monate bis zur nächsten Wintersaison eine große Herausforderung. Der Wiederaufbau inklusive Planung musste in Rekordzeit geschehen. Ing. Enes Hamidovic reiste noch am selben Tag aus Grödig bei Salzburg nach Toblach an, um die Schäden vor Ort begutachten zu können. Bereits am Tag des Brandes wurde mit den ersten Gesprächen die Planung für den Wiederaufbau eingeleitet, so der Präsident der Genossenschaft Hanspeter Fuchs und Enes Hamidovic. Ein Bau auf Grundlage der alten Pläne stellte sich als nicht so einfach durchführbar heraus. Damit es in Zukunft nicht wieder zu einem Brand mit ähnlicher Ursache kommen kann, mussten bauliche Maßnahmen und Änderungen gesetzt werden. Man entschied sich, die komplette Thermoölanlage von Heizhaus und ORC-Modul getrennt in einem eigenen Raum unterzubringen. Beim Brand wurde auch ein Schaugang, in dem Besucher anhand von Info-Stationen über das Heizwerk informierte, zerstört. Auch diesen galt es in der geänderten Planung unterzubringen. Darüber hinaus sollte ein Bürotrakt im Rahmen des Wiederaufbaus integriert werden. Die Firma Enpro unter der Ägide von Enes Hamidovic stellte innerhalb weniger Wochen die komplette Planung fertig und so konnte man bereits Ende April die ersten Aufträge vergeben.

7,5 MIO. EURO INVESTITIONSKOSTEN
Mit der Anlieferung und Inbetriebnahme des Heizkessels, der Steuerung, der Rauchgaskondensationsanlage und der Thermoölanlage wurde die Firma Kohlbach betraut. Mit einer Kesselleistung von 10 MW wurden hier keine maßgeblichen Änderungen vorgenommen. Die Rauchgase werden mit Multizyklonen und einem Elektrofilter der Firma Scheuch entstaubt. Für die Verrohrung und die Anlieferung des Pufferspeichers wurde die Firma Kremsmüller beauftragt. Das Volumen des Pufferspeichers beträgt 180m³. Soweit die Möglichkeit gegeben war, wurden auch regionale Firmen in den Wiederaufbau mit einbezogen. Das ORC-Modul der Firma Turboden wurde bei dem Brand nicht zerstört und konnte wieder verwendet werden. Für die Lagerung der Brennstoffe dienen nun ein Freilager mit einer Größe von 80.000 m³ und eine Lagerhalle mit einer Größe von 5.000 m³. Der bei dem Brand ebenfalls zerstörte Schaugang wurde komplett erneuert und wieder aufgebaut. Mitte Oktober 2012, pünktlich zum Beginn der Heizsaison, konnte der neue Heizkessel und somit die Anlage wieder mit voller Leistung in Betrieb genommen werden. Insgesamt wurde für den Wiederaufbau und dem Neubau des Bürotrakts ein Investitionsvolumen von € 7,5 Mio. verwendet. Von der Versicherung waren € 3 Mio. gedeckt.

NIEDRIGER WÄRMETARIF SOLL GEHALTEN WERDEN
Das Heizkraftwerk wirft im Mittel rund € 500.000 Gewinn pro Jahr ab. Dieser wird jedoch nicht an die Genossenschaftsmitglieder ausbezahlt. Denn bei der Genossenschaft FTI handelt es sich um eine Verbrauchergenossenschaft. Jedes Mitglied – und das sind zurzeit ca. 850 – ist zugleich Abnehmer der Fernwärme. Die Abnehmer profitieren deshalb von einem sehr günstigen Wärmetarif in der Höhe von 7 Cent pro kWh. „Dieser Preis hat sich in den letzten Jahren nicht einmal verändert. Würde man denselben Energiebedarf mit dem derzeitigen Heizölpreis in Italien hochrechnen, dann kommt man zu dem Ergebnis, dass sich die Bürger dadurch ca. € 4 Mio. an Wärmekosten pro Jahr ersparen“, so Hanspeter Fuchs. Der Gewinn wird also in das Heizkraftwerk investiert, um den niedrigen Wärmetarif auch in Zukunft halten zu können. Deshalb plant man auch stetig das Heizkraftwerk zu erweitern um die Betriebseffizient zu steigern.

FERNWÄRME SOLL FÜR DIE ABNEHMER EIN ERFOLGSPROJEKT BLEIBEN
Als nächster Schritt ist die Abtragung des kleineren Heizhauses vorgesehen. Die beiden 4 MW Kesseln sind bereits 20 Jahre in Betrieb und müssen ausgetauscht werden. Derzeit plant man, sie gegen zwei 6 MW Kessel mit modernster Verbrennungstechnologie auszutauschen. Um die Versorgungssicherheit auch in diversen Ausfallszenarien garantieren zu können, wollen die Verantwortlichen im Versorgungsnetz diverse Punkte zur Energieeinspeisung installieren. Sollten Teile des Netzes oder des Heizkraftwerkes ausfallen, kann man mit mobilen Heizcontainern die Wärmeversorgung sehr zeitnah wieder sicherstellen. Um die Betriebseffizienz weiter steigern zu können, wird eine Senkung der Rückwärme angestrebt. Derzeit bewegt sich die Rücklauftemperatur zum Heizkraftwerk zwischen 52 und 55 Grad Celsius. Das Ziel ist, die Temperatur auf einen Wert von 45 Grad Celsius zu senken. Für die optimale Wärmenutzung müssten die Kunden Umbauten ihrer Warmwasser- und Heizungsanlage in Kauf nehmen. Um diese diesbezüglich zu motivieren, soll in jeder Übergabestation ein Wärme-Mengenzähler installiert werden. Auf Grundlage dieser Aufzeichnungen soll ein Rabatt-Preismodell zur Anwendung kommen. Die Kunden können sich hier einiges an Wärmekosten wieder zurückholen, und das Heizkraftwerk kann seine Betriebseffizienz steigern. Die Umbauten sollen sich durch das Preismodell in wenigen Jahren amortisieren. Last, but not least werden in Zukunft auch Schulungen und Seminaren für heimische Installationsunternehmen im Hinblick auf einen energieeffizienten Umbau von Wärme- und Heizungsanlagen angeboten werden. So profitieren auch regionale Unternehmen von diesem Projekt. Also eine Win-Win-Situation für das Heizkraftwerk, die Abnehmer, die regionale Wirtschaft und nicht zuletzt auch für die Umwelt durch die weitere Senkung der CO2 Werte.

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