Wärme- & Energieversorgung

Innovativer Holzvergaser verstromt erfolgreich Brennstoff mit hohem Wassergehalt5 min read

14. Juni 2024, Lesedauer: 4 min

Innovativer Holzvergaser verstromt erfolgreich Brennstoff mit hohem Wassergehalt5 min read

Lesedauer: 4 Minuten

Am symbolträchtigen Standort in der Provinz Fukushima beweist man mit einer Holzvergaser-Anlage eindrücklich, dass nachhaltige Energieerzeugung eine willkommene und vor allem risikoarme Alternative zu Atomstrom ist. Den Gegenstrom-Gaserzeuger lieferte das Unternehmen Regawatt aus Niederbayern, dessen Kombi Power System selbst mit sehr feuchtem Brennstoff zurechtkommt – bei einem Wassergehalt von 60 Prozent der eingesetzten Hackschnitzel aus japanischer Zeder war diese technische Besonderheit ausschlaggebend für die Umsetzung des Heizwerks.

Regawatt
Zusammen verfügen die beiden Holzvergaseranlagen in Furudono über eine elektrische Leistung von 2 MW.
© Regawatt

Vor 13 Jahren lösten ein Seebeben und der daraus resultierende Tsunami die größte Katastrophe in der jüngsten Geschichte der nuklearen Energieversorgung aus. Die hohen Wellen beschädigten das an der japanischen Küste errichtete Atomkraftwerk Fukushima. Kernschmelzen waren die Folge, durch die große Mengen an radioaktivem Material freigesetzt wurden – sie entsprachen bis rund einem Fünftel der radioaktiven Emissionen der Nuklearkatastrophe von Tschernobyl – und kontaminierten Luft, Böden, Wasser und Nahrungsmittel in der land- und meerseitigen Umgebung. Bis zu 150.000 Einwohner mussten infolgedessen das Gebiet vorübergehend oder dauerhaft verlassen. Der Super-­GAU zeigte erneut, dass Atomkraft nicht sicher ist. Symbolträchtig war daher die Inbetriebnahme eines Holzgaskraftwerks in der Provinz Fukushima, im 65 km vom Unglücksort entfernten Furudono. Die Anlage zeigt eindrücklich die Machbarkeit einer umweltfreundlichen Stromversorgung.

Keine Vortrocknung des Brennstoffs
Bei den verschiedenen Möglichkeiten einer nachhaltigen Energiegewinnung setzt das japanische Anlagenbau-Unternehmen Kyowa Exeo Corporation aus Tokio bereits seit 15 Jahren in Zusammenarbeit mit dem österreichischen Heiztechnikspezialisten Polytechnik auf Bioenergie. Nach mehreren Biomasse­feuerungs- und kesselanlagen wurde die Entscheidung getroffen, in ein erstes Holzgas­-Kraftwerk zu investieren, und dies bezeichnenderweise in der Provinz Fukushima. Somit wird ein deutliches Zeichen der Energiewende gesetzt. Bei dem Einsatz dieser Technologie holte sich Polytechnik seinen Kooperationspartner Regawatt aus dem niederbayerischen Abensberg mit seinem Kombi Power System mit ins Boot. Dessen Gegenstrom-Gaserzeuger bildet das Herzstück der Holzvergaser-Anlage. In einer Spezialbrennkammer wird das gewonnene Rohgas im An- und Abfahrtbetrieb sowie im reinen Wärmebetrieb sauber und effizient verbrannt. Das Kombi Power System besticht durch das bestmögliche Wärmenutzungskonzept durch ein hocheffizientes Gegenstrom-Prinzip. „Ein herausragender Vorteil unserer Regawatt-Vergaser für den japanischen Markt liegt in der Tatsache, dass keine Vortrocknung des Brennstoffs erforderlich ist“, berichtet Alexander Schwarzberger, der gemeinsam mit Klaus Röhrmoser das Unternehmen Regawatt führt. „Diese Eigenschaft ermöglicht die direkte Nutzung von sehr nassem Brennstoff in unseren Anlagen, was eine effiziente und nachhaltige Energieerzeugung gewährleistet.“ Das war auch das entscheidende Kriterium, das zur Wahl des Kombi Power Systems führte. Regawatt verfügt über einen Versuchsvergaser, der die Tauglichkeit verschiedener Materialien als Brennstoff prüft – etwa Klärschlammbriketts oder Reststoffe aus der Lebensmittelindustrie wie beispielsweise Nussschalen. „In unserem Versuchsvergaser testen wir diese Alternativen bereits jetzt für die Anwendung im Alltagsbetrieb“, erläutert der Geschäftsführer. Der in Japan verfügbare Brennstoff, Hackschitzel aus japanischen Zedern, war für die Anlage keine große Herausforderung: Nach Tests mit japanischen Zedernhackschnitzel in dem Versuchsvergaser bekam Regawatt den Auftrag, für Furodono eine Referenzanlage zu liefern.

Regawatt Heizkraftwerk_Exeo_Furodono_001
Da das Kombi Power System Biomassen mit hohen Wassergehalten auch ohne Trocknung verarbeiten kann und in Japan diese bis zu 60 Prozent erreichen, ist die innovative Gegenstrom-Gaserzeugertechnologie prädestiniert für den dortigen Einsatz. Im Versuchsvergaser konnte Regawatt den Gebrauch von sehr feuchten oder unkonventionellen Brennstoffen erfolgreich testen.
© Regawatt

Einfach skalierbar
Die 2021 in Betrieb gegangene Testanlage wurde im Freien montiert und das Holzgas über eine große Fackel verbrannt. Nach erfolgreich abgeschlossenem Probebetrieb wird nun diese erste Anlage mit einem Motor nachgerüstet und zeitgleich eine weitere Anlage inklusive Gebäude errichtet – beide verfügen dann über eine Leistung von jeweils 990 kWel. Die einfache Modularität erlaubte eine nachträgliche Anlagenvergrößerung zu einem späteren Zeitpunkt. Während des dreimonatigen Testbetriebs wurde die Holzvergaseranlage von erfahrenen japanischen Ingenieuren intensiv geprüft, um sicherzustellen, dass die versprochenen Leistungen erfüllt werden. Die Robustheit, Stabilität und einfache Bedienung der Anlage konnten dabei überzeugen. Da jedes Projekt einzigartig ist, arbeitet Regawatt eng mit seinen Kunden zusammen, um maßgeschneiderte Lösungen zu entwickeln, die auf die jeweiligen Ziele und Anforderungen abgestimmt sind und maximale Effizienz und Rentabilität gewährleisten. Gemeinsam mit seinen Kooperationspartnern Polytechnik und dem japanischen Anlagenbau-Unternehmen Kyowa Exeo Corporation deckte der Holzvergasungsspezialist Regawatt die umfangreiche Projektabwicklung von der Planung bis zur schlüsselfertigen Übergabe des Kombi Power Systems 100 Prozent der notwendigen technischen Dienstleistungen ab.

Nebenprodukt Pyrolyseöl für Refuels
Der Gegenstrom-Gaserzeuger produziert bei der Holzvergasung ein interessantes Nebenprodukt: Er wandelt einen geringen Teil des Heizwertes des Einsatzmaterials in Bio-Öl um. Der Prozess wurde daher so optimiert, dass dieses als wertvolles Nebenprodukt in Form von Pyrolyseöl gewonnen werden kann, das sich etwa für die Produktion von Biodiesel der zweiten Generation oder als Ausgangsmaterial für die chemische Industrie eignet. Um dem Ziel der klimaneutralen Energieerzeugung näher zu kommen, liefert Regawatt den Grundstoff für reFuels und andere nachhaltige Kraftstoffe.

 

Regawatt Messe Tokio
V.l.n.r.: Klaus Röhrmoser (Geschäftsführer Regawatt) stellt mit den Kooperationspartnern Tetsuya Funabashi (CEO Kyowa Exeo Corp.) und Lukas Schirnhofer (Geschäftsführer Polytechnik) auf der Messe Smart Week in Tokio das gemeinsame Projekt in Furudono vor.
© Regawatt

Vorzeigeprojekt in Japan
Hauptaugenmerk bleibt in Furudono natürlich die Stromproduktion: „Wir freuen uns darauf, im Juni die erste Stromeinspeisung der Doppelanlage mit jeweils 1 MW elektrischer Leistung bekannt zu geben“, zeigt sich Alexander Schwarzberger überaus zufrieden mit der Holzvergaseranlage. Dieses wegweisende Projekt dient nicht nur als Meilenstein für Regawatt in Japan, sondern fungiert gleichzeitig als Vorzeigeprojekt für zukünftige Vorhaben im Land. Aufgrund der Tatsache, dass das Kombi Power System Biomassen mit hohen Wassergehalten auch ohne Trocknung verarbeiten kann und in Japan diese bis zu 60 Prozent erreichen, sieht der Kooperationspartner Kyowa Exeo Corporation große Chancen einer weiteren Vermarktung der Gegenstrom-Gaserzeugertechnologie in Japan.

Erschienen in zek KOMMUNAL Ausgabe 1/2024

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