Mikro-Kraftwerk revolutioniert Stromversorgung3 min read
Lesedauer: 3 MinutenWo bis jetzt Dieselgeneratoren für Energie sorgten, ist das Mikro-Kraftwerk E3 eine ökologisch und ökonomisch sinnvolle Alternative und kann bis zu 15 europäische Haushalte versorgen – oder ein ganzes Dorf in Afrika.
Die Erdbevölkerung hat bereits längst die sieben Milliarden Marke überschritten, der Energiebedarf steigt und die Kohlenstoffdioxid-Emissionen damit ebenso. Während die Industrienationen die finanziellen Ressourcen haben, mit innovativen und ökologisch sinnvollen Technologien wie Solar-, Wind, und Wasserkraft sowie Biomasse auf die neuen Herausforderungen zu reagieren, haben das die Entwicklungsländer nicht. Es ist unabdingbar, dass die Industrieländer den Schwellenländern die passenden Technologien zur Anpassung an die Erderwärmung zur Verfügung stellen. Ein Leuchtturm-Projekt, das die Möglichkeit zur umweltfreundlichen und kostengünstigen Herstellung von Strom bereitstellt, ist das Mikro-Kraftwerk „E3“.
„E3” versorgt 15 deutsche haushalte – oder ein afrikanisches Dorf
Die Entrade Energiesysteme AG hat ein Mikro-Kraftwerk entwickelt und 2015 am Forschungs- und Entzentrum in Graz der Öffentlichkeit vorgestellt, das aus bisher ungenutzter fester Biomasse und regenerativen Abfallstoffen Strom und Wärme erzeugt. Aus genormten Biomasse-Pellets wird in einem Hochtemperatur-Reaktor ein Synthesegas erzeugt, mit dem dann ein Verbrennungsmotor angetrieben wird. Daraus wird eine elektrische Nennleistung von 22 Kilowatt (kW) sowie eine thermische Leistung von 55 kW generiert – genug, um beispielweise ein Mehrfamilienhaus mit 15 bis 20 Haushalten in Deutschland mit Energie zu versorgen. Der „E3“ genannte Generator soll jedoch in erster Linie in Schwellenländern zum Einsatz kommen, wo eine einzige Anlage, aufgrund des geringeren Bedarfs, bis zu 400 Menschen – und damit ganze Dörfer – rund um die Uhr preisgünstig mit Strom versorgen kann.
Geringe Teerproduktion für weniger Störanfälligkeit
Der entscheidende Vorteil des „E3”: Im Vergleich zu ähnlichen Anlagen fällt bei der Gaserzeugung in dem innovativen Biomasse-Generator mit nur 0,10 g pro Kubikmeter (laut SPA Verfahren) extrem wenig Teer an. Dies geht auf die besondere Geometrie des Reaktors zurück, wodurch im gesamten Reaktor eine gleichmäßig hohe Temperatur und Verweilzeit erzielt wird. Vergleichbare Anlagen erzeugen dagegen ein Vielfaches davon, was im Alltagsbetrieb zu hartnäckigen Ablagerungen führt und oftmals technische Ausfälle zur Folge hat.
Das wahrscheinlich kleinste Kraftwerk der Welt
Die Eigenentwicklung von Entrade, auf die alleine 14 Patente angemeldet sind, überzeugt bereits durch ihre kompakten Maße: 1,86 m lang, 1,56 m breit und 2,00 m hoch, findet die Anlage auf zwei Stahlpaletten Platz, kann weltweit per Luftfracht verschickt werden und passt praktisch durch jede Haustür. Das modulare System ist zudem skalierbar, sodass auch mehrere einzelne Anlagen zu einer größeren verbunden werden können. Ein Großteil der Entwicklungsarbeit wurde von der Technischen Universität Graz, wo ein weiterer Prototyp der Anlage steht, am dortigen Forschungszentrum der Entrade AG maßgeblich mitgestaltet. Die Entwicklungszeit für die Technologie des „E3” betrug insgesamt acht Jahre und wurde von einem siebzehnköpfigen Ingenieurteam unter Einbindung weiterer externer Forschungseinrichtungen und Universitäten durchgeführt. Dazu wurden mehr als 50 Millionen Euro in Biomasse-Reformer-Technologien investiert. Ein Vorteil im Vergleich zu klassischen Biogasanlagen, bei denen aufgrund des Gärungsprozesses 120 Tage zur Biogas-Produktion vergehen können, ist die extrem kurze Produktionszeit. Der rund eine Tonne „leichte“ „E3” liefert bereits nach fünf Minuten hochwertiges Synthesegas, das sofort eingesetzt werden kann. Betrieben von einem robusten Drei-Liter-Industriemotor von GM kostet die fertige Anlage rund 70.000 Euro – bei einem Stromerzeugungspreis, der 40 Prozent günstiger ist als der normale Haushaltstarif.
Alternative zu Dieselgeneratoren
Überall dort, wo bislang Dieselgeneratoren zum Einsatz kommen, besteht ein Markt. Denn der biogene Brennstoff ist deutlich günstiger als das Mineralölprodukt – und überall verfügbar. Deshalb rechnet Entrade noch im laufenden Jahr mit einem Durchbruch für diese Technologie.
Bereits kurz nach Präsentation des Minikraftwerks wurde der Betrieb von zehn Modulen in acht Ländern geplant – darunter eine Anlage zur Versorgung eines Dorfes in Uganda im Auftrag der Weltbank. Aktuell liegen insgesamt schon weltweit rund 200 Bestellungen vor. Der elektrische Strom aus den robusten Mikro-Kraftwerken ist gegenüber anderen konventionellen oder erneuerbaren Quellen international wettbewerbsfähig und kann entweder im Inselbetrieb genutzt oder in öffentliche Versorgungsnetze eingespeist werden, während die Abwärme zu Heizzwecken dient oder sich wahlweise in Kälte transformieren lässt.
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