Wärme- & Energieversorgung

Ortsnahe Wärmeversorgung in Werfenweng6 min read

16. Dezember 2013, Lesedauer: 4 min

Ortsnahe Wärmeversorgung in Werfenweng6 min read

Lesedauer: 4 Minuten

Die e5-Gemeinde setzt seit längerem auf sanfte Mobilität und Fotovoltaik-Straßenbeleuchtung. Seit Dezember 2012 gibt es ein neues Highlight in Werfenweng: das Biomasse Heizwerk.

Das Konzept der Nachhaltigkeit ist für die BürgerInnen in Werfenweng kein neues. Schon seit 1997 verfolgt die Gemeinde ihre umweltfreundlichen Ziele mit dem Projekt SAMO, sanfte Mobilität. Dieses Projekt hält zur Nutzung öffentlicher Verkehrsmittel, Rad oder auch Fahrzeuge mit alternativen Antrieben an. Angesprochen werden hierbei Besucher des Ortes genauso wie Einheimische. Auch bei der Wegbeleuchtung achtet man auf ressourcenschonenden Betrieb. So werden die Straßen mit einem energieautarken System erleuchtet. Zahlreiche Fotovoltaik-Straßenlaternen in Kombination mit LED-Leuchtmitteln säumen die Straßen in Werfenweng. Konse­quenter Weise wollten die findigen Werfenwenger schon seit geraumer Zeit auch die eigene Wärmeversorgung aus heimischen, erneuerbaren Energieressourcen abdecken. Alleine, wirtschaftlich darstellen ließ sich ein derartiges Projekt bislang nicht. Ändern sollte sich dies erst mit dem Bau des des 4-Sterne Hotels „Travel Charme Bergresort Werfen­weng“, eines der größten und aufwändigsten Bauvorhaben für den Tourismus in der Tennengebirgs-Gemeinde der letzten Jahr­zehnte. Mit dessen Realisierung wurde letztlich auch der Weg in die Wirtschaft­lichkeit für das geplante Biomasse-Heizwerk geebnet.

Nachdem man die Finanzierungsfrage geklärt hatte, konnte im Juni 2011 mit der Planung begonnen werden. Die Bauarbeiten und die Verlegung der Fernwärmerohre verliefen zügig, sodass bereits Anfang Dezember letzten Jahres erstmals Wärme aus der neuen Anlage zu den Abnehmern geliefert werden konnte. Im September 2013 wurde das Heizwerk offiziell im Rahmen der Wenger Weis’ eröffnet.

RÜCKHALT IN DER BEVÖLKERUNG
Für die Verantwortlichen war es wichtig, die Dorfbevölkerung mit einzubeziehen und so auch mehr Akzeptanz für dieses Projekt zu schaffen. Daher bot man den BürgerInnen die Möglichkeit, Anteile an der Genossenschaft zu erwerben. Diese Chance ergriffen nicht nur Haushalte, die sich ans Wärmenetz anschlossen, sondern auch Einwohner, die dieses Projekt im Sinne der Nachhaltigkeit unterstützen wollten. 70% hält die Nahwärme Werfenweng Reg. Gen mbH, die restlichen 30% die s.nahwaerme.at Energiecontracting GmbH, die ihr Know-how in Bau und Betrieb einbringt. Die Nahwärme Energiecontracting hilft vor allem in Hinblick auf Betriebsoptimierungen, wie beispielsweise das Einsparen von Betriebskosten. Bis jetzt versorgt das Heizwerk den Ortskern Werfenweng mit Wärme. Durch die kurzen Leitungen erreicht man äußerst geringe Leistungsverluste, was die wirtschaftliche Rentabilität markant erhöht.

REGIONALE ROHSTOFFE
Im Bioheizwerk Werfenweng wird ausschließlich Waldhackgut zur Wärmeproduktion verwendet. Das Heizmaterial, welches aus höchstens 50 km Luftlinie Entfernung kommen darf, wird vom Maschinenring und den Bundesforsten geliefert. Einen kleinen Anteil stellen auch die heimischen Bauern aus Werfenweng. Nur bei Versorgungsengpässen greift die Liefergarantie und importiertes Hackgut ist erlaubt. Dies ist jedoch nur sehr selten der Fall. Um noch mehr Versorgungssicherheit gewährleisten zu können, richten die Verantwortlichen derzeit ein Lager mit Rundholz ein. Um zusätzliche Anschaffungskosten zu vermeiden, will man zumindest vorerst auf einen mobilen Häcksler zurückgreifen, um eigenes Hackgut herzustellen. Die Heizgutanlieferung ist strengen Kontrollen unterworfen. Natürlich muss jede Lieferung zuerst auf der Brückenwaage gewogen werden. Da die Abrechnung in Atro-Tonne, also ausgetrockneter Tonne, erfolgt, wird von jeder einzelnen Lieferung eine Probe genommen. Diese Probe wird für circa 10,5 Stunden getrocknet. Das Anfangsgewicht und das Gewicht des trockenen Häckselgutes werden ins System übertragen. Die Be- und Abrechnung ist dann automatisch möglich.

Die Beschickung des Lagers ergibt sich aufgrund der topografischen Gegebenheiten, anstatt wie vielerorts üblich per Radlader, mittels eines Hallenkrans. Natürlich beansprucht das Einladen mit dem Hallenkran etwas mehr Zeit, doch die Brandgefahr ist geringer, da das Hackgut weniger verdichtet wird. Die maximale Lagerkapazität umfasst ohne das Rundholzlager in etwa 2.300 Schüttraummeter. Dies entspricht circa einem Drittel des gesamten Jahresbedarfs. Die Bestückung des Heizkessels der AGRO Forst und Energietechnik AG geschieht vollautomatisch und ist von der Außentemperatur und der Abnahmeleistung abhängig. Zwei Brandschotten vermindern die Gefahr eines Rückbrandes ins Hackgutlager. Im Gegensatz zu privaten Heimanlagen kann hier Hackgut mit bis zu 50% Feuchtigkeit verwendet werden. Durch ein automatisches Förderband im Inneren des Ofens werden das verbrannte Material und die Asche stetig voran bewegt. Die Wärme wird in einen 58.000 Liter fassenden Pufferspeicher der Firma Angerer geleitet. Insgesamt wurden 700 m Rohre von Bilfinger Industrietechnik Salzburg verlegt, um die Abnehmer zu versorgen.

NAHEZU VOLLSTÄNDIGE RÜCKFÜHRUNG
Die anfallende Asche wird durch ein Trommelsieb gesiebt und kann so wiederverwendet werden, dadurch entfällt die teure Entsorgung. Die Feinasche nutzen die heimischen Bauern, sie können bis zu 1,5 Tonnen pro Hektar als Langzeitdünger auf ihren Feldern verwenden. Die Grobasche, die zum Beispiel Steine oder ähnliche Verunreini­gungen enthält, wird auf die Forstwege ausgebracht.

Auch die Abluft wird im Bioheizwerk Werfenweng noch einmal für die Produktion von Wärme benutzt. In der Kondensationsanlage kann zusätzlich ungefähr 300 Kilowatt Leistung erzeugt werden. Das anfallende Kondensat wird ph-behandelt und durch die Pflanzenkläranlage in das öffentliche Wassergut, sprich in den angrenzenden Bach, rückgeführt. In der Pflanzenkläranlage übernehmen das Schilf und die einen Meter tiefe Schotterschicht mit verschiedenen Kiessorten die restliche Filterung des Wassers, welches dann langsam in den Bach durchsickert. Ein wirtschaftlich sehr positiver Nebeneffekt ist, dass die Abwasserkosten bei dieser Methode entfallen. In der Entschwadungsanlage wird der Abgasdampf mittels Frischluftzufuhr abgekühlt. Dieses Vorgehen minimiert die Wasserdampfsäule und trägt zu einem positiven Erscheinungsbild im Fremdenverkehrsort bei. Das Sedimentationsbecken muss lediglich einmal jährlich ausgelassen und der darin angesammelte Schlamm entsorgt werden.

ABRECHNUNG UND AUSLASTUNG
Alle Teile des Heizsystems sind über das System der aqotec GmbH verbunden und zentral vom Computer aus steuerbar. Nicht nur das Abrechnen (www.nwplus.at) des Heizmaterials, sondern auch die Verrechnung an die Kunden funktioniert per Mausklick. Die Werte der Tagesverbrauchstabellen sind übersichtlich für Betreiber und Abnehmer und vollautomatisch abrechnungsfähig. Ein großer Vorteil des Nahwärmesystems ist der geringe Wärmeverlust. Dieser wird nämlich nicht dem Kunden verrechnet, sondern muss vom Heizwerkbetreiber übernommen werden.

Die Grenze des Heizwerkes liegt bei etwa 8.000 Schüttraummetern pro Jahr. Derzeit werden ungefähr 5.000 Schüttraummeter ausschließlich in Wärme umgewandelt. Das heißt, es könnte noch rund ein Drittel mehr Wärme verkauft werden, um die maximale Auslastung zu erreichen. In den Sommermonaten ist es möglich, die normale Auslastung des Heizofens von 2 Megawatt auf 200 Kilowatt zu drosseln.

Der größte Abnehmer ist das 4-Stern-Hotel „Travel Charme Bergresort Werfenweng“, welches durchschnittlich 1,2 Megawatt, unter anderem für das Beheizen ihres Outdoor-Pools, benötigt. Auch alle Gemeindeeinrichtungen werden von dem Bioheizwerk versorgt.

PLAN B
Sollte die Heizanlage aufgrund eines Defektes ausfallen, so unterbricht die Versorgungskette keinesfalls. Die Ausfallsicherung stellt ein Ölkessel dar, der immer auf Standby betrieben wird. Dieser kann die Heizanlage komplett ersetzen, doch bisher war seine Inbetriebnahme nicht notwendig.

DIE ZUKUNFT
Derzeit steht eine Netzerweiterung im Raum. Ob sich dieser Ausbau durchführen lässt, hängt nicht nur von der Zahl der Interessenten ab, sondern auch davon, ob sich diese Vergrößerung wirtschaftlich darstellen lässt. Sollten die Verantwortlichen zum Schluss kommen, dass ausgebaut wird, dann ist die Umsetzung bereits im Jahr 2014 denkbar.

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