Bahnbrechend in jedem Schnee5 min read
Lesedauer: 4 MinutenEgal wie das Wetter spielt: Die Bahn bahnt sich ihren Weg, da fährt der Zug drüber. Möglich machen das selbst bei starkem Schneegestöber und meterhohen Verwehungen die Schneefrässchleuderloks.
Ein Spezialist für freigeräumte Gleise ist die Zaugg AG Eggiwil. Der Schweizer Hersteller stattete unter anderem die Jungfraubahn aus. Der freien Fahrt zum höchsten Bahnhof Europas steht nun nichts mehr entgegen.
Die Geschichte der Schweizer Jungfraubahn ist geprägt von Schwierigkeiten: Sprengunglücke, Streiks und finanzielle Probleme sind Teil der Historie der Zahnradbahn. Erst 1912 wurde die Strecke bis zum Jungfraujoch, das sich auf 3.454 Meter über dem Meer befindet, fertiggestellt – neun Jahre später als ursprünglich geplant. Doch all die Hürden wurden nicht umsonst gemeistert, all die Verzögerungen nicht umsonst in Kauf genommen: Seit über 100 Jahren befördert dieses Pionierwerk unter den Bergbahnen seine Fahrgäste auf das Jungfraujoch, in eine Welt aus Schnee, Eis und Fels. Und das auch unter widrigen Bedingungen. Denn auch wenn es bis zur Eröffnung des höchstgelegenen Bahnhofs Europas viele Hindernisse zu bewältigen gab – die heutigen lassen sich zum Glück einfach beiseiteschieben. Schneeverwehungen und weiße Massen lassen sich mit speziellen Schneefrässchleudern beseitigen.
Modernisierung am Jungfraujoch: neue Schneefrässchleuderlok
Das in die Jahre gekommene Modell von 1937, eine alte durch eine zweiachsige Lok geschobene Beilhack-Schleuder, wurde in der Wintersaison 2012/13 von einer neuen Schneefrässchleuderlok abgelöst. Als Ersatz für die alte Schneeräumung hat die Jungfraubahn AG den Bau einer selbstfahrenden, bidirektionalen Schneeschleuder bei den Firmen Stadler AG Bussnang und Zaugg AG Eggiwil in Auftrag gegeben. Das Fahrzeug wird für die Schneeräumung auf der Zahnradbahnstrecke Kleine Scheidegg-Eigergletscher und den Stationsgleisen eingesetzt. Zur effizienten Reinigung der Weichen wird ein leistungsfähiges Luftgebläse eingebaut. Die neue Schleuderlokomotive erhält die Bezeichnung „Xhe rote 2/2” und wird Nummer 12 genannt, passend zum Inbetriebnahme- und Jubiläumsjahr 2012.
Das neue System am Jungfraujoch
Neben der klassischen Schneeräumung nach starkem Schneefall räumt das Fahrzeug auch als Vorläufer von planmäßigen Zügen, um die Strecke bei starkem Wind von Flugschnee zu befreien. Im Stationsbereich können die Weichen mit einem Gebläse vom Schnee befreit werden, während auf der Strecke ein Spurpflug für die Reinigung zwischen den Schienen sorgt. Pro Führerstand sind zwei Arbeitsplätze für den Lokführer und den Maschinisten vorhanden. Für Flexibilität während des Betriebs sorgt eine Funkfernsteuerung.
Lässt die Bahn wieder fahren: Schneeräumung der Gleise
Zaugg konnte bei der Modernisierung der Jungfraubahn-Schneeräumlok seine Profession unter Beweis stellen. Viele weitere Bahnen wurden von dem Schweizer Unternehmen mit Schneeräumsystemen für den Bahnverkehr ausgestattet – weitere Schweizer Bahnen ebenso wie unter anderem in Deutschland, Schweden oder Norwegen. Die Zaugg-Schneeräumanlagen für den schienengebundenen Verkehr sind dabei meist nicht selbstfahrend, sondern werden je nach Bedarf von einem Schienentraktor, einer Lokomotive oder einem Triebwagen gestoßen. Die mit einer Zaugg-Schneefrässchleuder bestückten Räumeinrichtungen basieren Großteils auf einem Eisenbahnwagenfahrgestell, auf dem alle notwendigen Elemente an- und aufgebaut sind. Dazu gehört eine geschlossene Kabine, die mit zwei komfortablen Arbeitsplätzen mit Steuersitzen für den Bediener der Schneefrässchleuder und den Bahnführer ausgerüstet ist und Platz für drei weitere Begleitpersonen bietet. Die das Räumfahrzeug stoßende Lokomotive wird mittels Fernbedienung über Kabel vom Lokomotivführer ferngesteuert.
Funktionen der Bahn-Schneefräsen
Die zweigeteilte Schneefrässchleuder kann nach links und rechts hydraulisch um je 40 cm ausgefahren werden und ist ab Gleisniveau je nach Schneemenge auch in der Höhe bis zu 40 cm verstellbar. So kann der Schnee rund um die Gleisanlagen problemlos entfernt werden. Die beiden Elemente sind in der Mitte mit einem faltbaren Keil verbunden und gestatten eine Räumhöhe von 160 cm. Bei eher geringer Schneehöhe können die beiden Fräsaggregate ganz nach außen geschoben werden und in nur einem Durchgang die ganze Profilbreite räumen. Bei großem Schneeaufkommen werden die beiden Segmente zusammengeschoben und die Räumung erfolgt in zwei Durchfahrten. Dank eines 2-Gangfräsgetriebes sind je nach Bedarf Wurfweiten von 10-15 Metern oder 30-40 Metern möglich. Zusätzlich verfügt das Räumfahrzeug über eine neuartige Weichen-, Schienen- und Zahnstangenreinigungsvorrichtung. Das Gebläse entfernt den Schnee mit hoher Luftgeschwindigkeit aus dem Bereich der Geleise. Das Gerät besteht aus einem Radialventilator, der sich unter der Kabine befindet und dessen Düse vor der Vorderachse auf die Schienen zielt.
Zaugg-Keilschneepflüge für schienengebundene Fahrzeuge
Beim Anbau von Wechselspitz- oder Keilschneepflügen gibt es zwei Varianten. Eine Möglichkeit ist, den Pflug direkt an Schienentraktoren, Lokomotiven oder Triebwagen anzubringen. Dabei wird der Anbau meistens mit einem Wechselsystem realisiert, damit das Schneeräumgerät bei Nicht-Gebrauch entfernt werden kann. Der Schneepflug kann aber auch kundenspezifisch – zusammen mit der dabei nötigen, von einem Dieselmotor angetriebenen, Hydraulikanlage (inkl. Notaushebevorrichtung) – direkt auf ein Eisenbahnwagenfahrgestell aufgebaut werden. Im Normalfall erfolgt die Steuerung per Funk aus dem in die Räumvorrichtung stoßende Triebfahrzeug.
Einstellung der Keilschneepflüge für effizientes Schneeräumen
Je nach Schneemenge und Gelände kann der variable Front-Keilschneepflug (mittels des hydraulisch verstellbaren Scharflügels) als Spitz- oder Einseitenpflug für die Räumung nach links oder rechts umgestellt werden. Zum Transport von Schnee über kurze Entfernungen wird er in V-Stellung gebracht. Um ein breiteres Räumprofil zu erlangen, werden die Flügel in einer Zwischenstellung fixiert. Die Schwenkzylinder sind durch Druckbegrenzungsventile abgesichert.
Der Keilschneepflug von Zaugg zeichnet sich durch eine optimal nach innen gewölbte Scharform aus. Zusammen mit der variablen Keilform, gewährleistet der Pflug einen bedarfsgerechten und weiten Schneeauswurf. Es kann – wenn nötig in mehreren Arbeitsgängen – eine Räumbreite von mehr als 3 m und eine Räumhöhe von ca. 0,8 m realisiert werden. Mit der Hebe- und Senkvorrichtung ist der Pflug bis ca. 300 mm über der Schienenoberkante aushebbar. Der Pflug wurde mit Stahlverschleißschienen ausgerüstet: Durch einstellbare Laufrollen kann der Abstand der Verschleißschiene zur Schienenoberkante eingestellt werden. Zudem gibt es für die Räumung des Restschnees zwischen den Gleisen einen Spurpflug, den man unter dem Räumfahrzeug montiert und mit dem wahlweise nach rechts oder links gefördert wird.
Dank der durchdachten Technik konnte sich Zaugg als Spezialist für Gleisräumsysteme bewähren – und das in vielen der schneereichsten Regionen Europas. Über die Neuigkeiten von Zaugg können sich Interessierte auf der Interalpin erkundigen. Hier präsentiert sich das Unternehmen von 15. bis 17. April 2015 in Halle A, Stand Nr. A19a.
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